Ich werde heute über den Germanistik-E-Mail-Verteiler schreiben. Vermutlich hat jeder Student an jeder Universität seine eigenen Geschichten über eine Einrichtung dieser Art zu erzählen, doch das heißt ja nicht, dass ich meine nicht mehr zum Besten geben darf.
Was genau ist ein E-Mail-Verteiler? Eigentlich ganz einfach: Ein Newsletter. Man trägt seine E-Mail-Adresse in eine Liste ein und bekommt von nun an Nachrichten, die an den Verteiler geschickt werden. Man selbst kann ebenfalls eine Nachricht an den Verteiler schicken, die dann von allen empfangen wird, die diesen abonniert haben. Man kann auch sagen: Das ist die Zukunft.
In der Gegenwart sieht die Zukunft so aus:
Man erhält, wie oben abgebildet, zum Beispiel den Hinweis, dass ein Vortrag oder eine Vorlesung von einer interessanten / wichtigen / berühmten Person gehalten wird. Manchmal ist dies hilfreich, manchmal wird es überlesen, manchmal nimmt man auch einfach nur die falsch eingefügten Bilder zur Kenntnis und lacht.
Am Montag abend hatte ich jedoch auf ganz andere Weise Freude an den Uni-Mails. Um 18:07 Uhr erreichte mich die folgende E-Mail:
(Anmerkung: Ich habe für diesen Beitrag die erhaltenen E-Mails per Screenshot zusammengebaut und hier eingebunden. Es soll ja keiner sagen, ich hätte mir das ausgedacht. Dies erklärt auch die kaputte Scrollleiste.)
Jemand wollte aus dem Verteiler genommen werden, weil er keine Mails mehr erhalten wollte, die etwas mit Germanistik zu tun hatten. Weil er der Germanistik überdrüssig war. Oder warum auch immer. Zunächst versuchte ich, per Lyrik- oder Erzähltextanalyse den Sinn hinter den zwei großgeschriebenen Buchstaben im E-Mail Betreff “BItte rausnehmen” herauszubekommen, ließ es aber nach wenigen Minuten bleiben. Strukturalistisch kam ich hier einfach auf keinen grünen Zweig.
Ist ja auch egal. Eigentlich geht es mir um etwas anderes. Es folgt erneut das Bild der obigen E-Mail, diesmal habe ich jedoch etwas eingekreist.
Was steht denn da? “Abonnement kündigen”! Ich mache es kurz: Wer keine E-Mails dieser Art mehr erhalten möchte, klickt auf den eingekreisten Link und das war es dann auch schon. Was man nicht tun sollte: An mehrere Hundert (vielleicht sogar Tausend) Studenten eine E-Mail schreiben und ihnen darin mitteilen, dass man ausgetragen werden will. Das ist ungeschickt. Vor allem, wenn man den Leuten die Kündigen-Option gleich mitschickt.
Es ist auch nicht gut, durch diese Tat andere Studenten dazu zu motivieren, es einem gleich zu tun. Nur drei Minuten später erreichte mich diese Nachricht.
Ich ahnte Schlimmes. Was, wenn nun plötzlich ganze Semester damit anfangen würden, Kündigungen zu schreiben und einen Knopf zu verschicken, anstatt auf ihn zu drücken? Ich sah bereits eine Horde Informatiker auf die Germanisten zeigen und lachen. Wollen Texte analysieren, können aber nicht einmal den Kündigen-Text in einer E-Mail finden? Vielleicht sollte man die Fachbereichswahl noch einmal überdenken. Zum Glück war ich nicht der Einzige mit dieser Angst. Es vergingen vier Minuten, dann erhielt ich diese Nachricht.
Super! Eine verständliche Erklärung. Großer Text. Sogar der Einsatz von Großbuchstaben! Und ein bisschen gereizt klang es auch. Ich freute mich über die klare Ansage und ein von nun an nicht mehr ganz so überlastetes E-Mail-Postfach.
Die Freude hielt sieben Minuten lang an.
Ich kämpfte gegen die Tränen an. Ich riss mich zusammen und schaffte es tatsächlich, sie zurückzuhalten.
Eine halbe Stunde später kamen die Tränen dann doch durch. Genau wie diese E-Mail.
Bevor ich mich weiter aufregen konnte, traf nur eine Minute später diese E-Mail ein.
Drei Ausrufezeichen! Wenn das nicht hilft… Wieder ein Verweis auf den unteren Bereich der E-Mail, diesmal aber leider nicht in groß. Aber hey, doppelt hält besser. Richtig?
Falsch.
Sogar so falsch, dass E-Mails jetzt bereits zweimal hintereinander abgeschickt wurden.
Tja. Was bleibt mir noch zu sagen? Nicht mehr viel. Warum etwas selbst sagen, wenn es auch andere für einen erledigen können.
Hat es geholfen? Bisher ja. Ich habe seit Montag abend keine weiteren Kündigungsnachrichten erhalten. Aber ich glaube nicht daran, dass ewige Ruhe eingetreten ist. Dieses Spiel beginnt immer und immer wieder aufs neue. Meistens immer dann, wenn man über den Verteiler mal mehr als eine E-Mail am Tag erhält. Dann sind ein paar Menschen sofort genervt. Und gucken nicht mehr genau hin. Und machen sich ein wenig lächerlich.
Ja, klar. Man kennt sich halt nicht aus. Und so. Ich weiß. Ich weiß…