Was für ein riesiges Höhlensystem. Die Dinger sind mittlerweile wirklich groß geworden. Früher konnte man froh sein, wenn man mal eine Höhle fand, die nicht nach wenigen Blöcken in die Tiefe schon wieder aufhörte. Heute ist alles anders. Hat man ein Loch im Boden gefunden, kann man davon ausgehen, kein anderes mehr zu benötigen. Abzweigung folgt Abzweigung. Immer tiefer bringen sie einen hinunter. Es gibt Spieler, die kritisieren diese Entwicklung an Minecraft. Ich nicht. Ich liebe meine großangelegten Entdeckungstouren. Ich liebe das Planen einer Strecke. Das Markieren des Rückwegs. Das Verlorengehen, weil man einen Abhang hinuntergefallen ist.
Aber all das interessiert mich gerade gar nicht. Noch laufe ich durch den erkundeten Bereich der Mine. Nach ein paar Schritten habe ich mein Ziel erreicht. Vor mir befinden sich drei Wege. Sie führen durch unbekannte Abschnitte. Die Eingänge habe ich selbstverständlich markiert und abgeriegelt. Ich will nicht von Monstern überrascht werden.
Warum ich hier bin? Ich habe keine Kohle mehr. Ein Zustand, der sich zum Glück sehr selten bei mir ereignet. Normalerweise habe ich Kohle genug. Aber gerade nicht. Ich musste Kochen und Bauen. Alleine für Fackeln habe ich ein Vermögen an Kohle ausgegeben. Egal. Neue zu finden ist kein Problem. Ich wähle den rechten Gang. Per Knopfdruck öffne ich die Metalltür.
Langsam taste ich mich vorwärts. Mit meinen letzten Fackeln markiere ich den Weg. Schritt für Schritt komme ich vorwärts. Nach geschätzt einer Minute stoße ich auf eine Kohleader. Natürlich reicht das nicht. Aber aus der Kohle baue ich neue Fackeln und dringe weiter ins Unbekannte vor. Bis ich ein Skelett höre. Das Geräusch kenne ich. Schnell sehe ich mich um. Nichts. Ich werde getroffen. Aus welcher Richtung kam der Schuss? Dann sehe ich es. Ein weiterer Pfeil findet sein Ziel. Ich ziehe mein Schwert und greife an. Mit ein paar gezielten Schlägen habe ich meinen Gegner besiegt. Aber es war nicht der Einzige. Ein weiteres Skelett kommt auf mich zu. Dem Pfeil weiche ich aus. Mein Metallschwert macht kurzen Prozess mit ihm. Noch ein Skelett eröffnet das Feuer. Sofort ist klar, was hier los ist: Ein Monsterspawner muss in der Nähe sein. Ich wende den Blick von meinem Gegner ab und renne in Zickzacklinien an ihm vorbei in die Richtung, aus der er gekommen ist. Das Schwert habe ich weggesteckt. Stattdessen verteile ich überall Fackeln. Dann sehe ich das Moos. Steine mit Moos. Mein Ziel. Der Raum, in dessen Zentrum der Monsterspawner steht.
Zwei weitere Skelette erwarten mich bereits. Sie kann ich nicht ignorieren. Ich platziere eine Fackel so nahe wie möglich am Spawner. Es reicht nicht aus, um ihn zu deaktivieren. Natürlich nicht. Aber ich muss meine Feinde sehen. Das Skelett in meinem Rücken habe ich unterdessen nicht vergessen. Ich besiege es zuerst. Nun konzentriere ich mich auf die Gegner vor mir. Ein Pfeil trifft mich. Nicht die Ruhe verlieren. Die Metallrüstung fängt viel ab. Ich weiß, wie man vorgehen muss. Ich töte ein Skelett mit gezielten Schwertschlägen. Schnell wechsel ich wieder zu den Fackeln. Jetzt oder nie. Ich renne in den Raum mit dem Spawner und verteile etwa acht Fackeln auf dem Boden und an den Wänden. Zu viele als nötig. Aber um ehrlich zu sein: Gezählt habe ich sie erst, nachdem ich das letzte Skelett besiegt und Ruhe hatte. Manchmal muss man einfach handeln und auf Nummer Sicher gehen.
Ich reiße Monsterspawner nicht ab. Ich nutze sie zur Dekoration. Mit genügend Licht geht keine Gefahr mehr von ihnen aus. Ich plündere die zwei Kisten, die sich im gleichen Raum befinden und ziehe weiter. Mein eigentliches Ziel, die Kohle, habe ich nicht vergessen. Natürlich bin ich nun vorsichtiger. Die Beute aus den Kisten will ich nicht verlieren. Anspannung. Zeit zum Durchatmen habe ich, wenn ich meine sichere Hütte erreicht habe.
Nach einiger Zeit habe ich ausreichend Kohle gefunden. Zwar muss ich zum Fortsetzen meines Weges immer wieder neue Fackeln bauen, trotzdem ist ein stetiges Plus zu erkennen. Ich schreibe kohlschwarze Zahlen. Ich weiß nicht, wie tief ich in den unbekannten Höhlenabschnitt eingedrungen bin, mache mir deswegen aber keine Sorgen. Ich habe überall Markierungen hinterlassen, damit ich den Rückweg finde. Gerade, als ich mich umdrehen und diesen antreten will, sehe ich eine weitere Kohleader vor mir. “Na gut.”, denke ich. “Die nehme ich noch mit.” Als ich auf sie zugehe, sehe ich Licht. Lava? Neugierde packt mich. Ich gehe vorwärts. Plötzlich stehe ich vor einer Metalltür. Durch sie scheint Licht. Ich öffne die Tür und stehe an dem Ort, an dem ich meine Suche begonnen hatte. Ich betrat das Unbekannte durch den rechten Eingang und verließ es durch den linken. Ich bin im Kreis gelaufen. Aber zum ersten Mal seit langem, im positiven Sinne. Durchatmen.
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Die erste Karte, die ich in meiner neu begonnenen Welt gebaut habe. Zeit, die Gegend zu erkunden. Ich nehme Verpflegung, Waffen und Werkzeuge mit. Man weiß nie, worauf man stoßen wird. Uhr und Kompass nicht vergessen. Los geht die Reise.
Ich halte die Karte in Händen und laufe herum. Langsam wird die Gegend verzeichnet. Hier befindet sich ein großer See, dort ein kleiner Fluss. Hier sieht man hohe Berge, dort einen dichten Dschungel. Dann betrete ich eine Wüstenregion. Und bleibe stehen. Was ist das? Ich stehe vor einem Tempel. Ich hatte bereits von diesen geheimnisvollen Bauwerken gehört, selbst gefunden hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt aber noch keines. Ich wusste nichts über Tempel. Warum sollte man sich auch über etwas informieren, was man selbst erforschen kann? Ich sehe mich um. Von Gegnern keine Spur. Der Tempel hat einen Haupteingang. Links und rechts von diesem befinden sich zwei Türme. Das Zentrum erinnert an eine Pyramide. An der Fassade kann man merkwürdige Schriftzeichen erkennen. Vorsichtig nähere ich mich dem Eingang.
Sofort bringe ich hier und da Fackeln an. Im Tempel selbst ist es zwar dunkel, Monster haben sich aber keine niedergelassen. Damit dies auch in Zukunft nicht passiert, sorge ich für ausreichend Beleuchtung. Der Tempel an sich ist klein und schnell erkundet. Ich finde nichts Besonderes. Der Boden der Haupthalle wurde aus eingefärbter Wolle errichtet. Er erinnert ein wenig an einen Mosaikboden. Ein schöner Ort. Perfekt für einen kleinen Außenposten. Das klingt doch nach einem guten Plan!
Ich sehe auf die Uhr. Wenn ich schnell mache, schaffe ich es noch vor Tagesende wieder nach Hause. Sofort laufe ich los. Immer geradeaus. Bis ich wieder zu Hause bin. Die Sonne geht unter. Ich begebe mich in mein Lager und fülle mein Inventar mit wichtigen Dingen. Kisten, bessere Werkzeuge, Rohstoffe. Meine Zweitbasis soll vernünftig ausgestattet werden. Als ich fertig bin, ist Mitternacht. Ich lege mich ins Bett und schlafe. Pünktlich zum Sonnenaufgang stehe ich auf und mache mich auf den Weg. Dank der Karte weiß ich genau, wo ich hin muss.
An meinem Ziel angekommen, überlege ich, wie und wo ich mein Lager errichten soll. In Gedanken versunken wandert mein Blick auf den Boden. Die bunte Wolle erregt meine Aufmerksamkeit. Warum genau ich es tue, weiß ich nicht mehr, aber ich schlage auf die Wolle ein, um sie abzubauen. Als ich das erste Stück aus dem Boden gezogen habe, reiße ich meine Augen auf. Unter mir geht es mehrere Meter senkrecht nach unten. Ein Geheimgang! Ich muss mich zusammenreißen, um nicht laut loszulachen. Sofort schlägt mein Herz schneller und ich entferne die restliche Wolle.
Auf dem Boden des Schachtes sehe ich vier Kisten. Was mag sich wohl in ihnen befinden? Ich muss runter. Schnell. Ich errichte eine Werkbank. Holz habe ich ausreichend dabei. Aus ihm baue ich ein paar Leitern. Ich stelle mich an den Abgrund, schaue ein letztes Mal hinunter und platziere die erste Leiter. Ich betrete sie und setzte eine weitere unter mich. So rutsche ich Leitern bauend nach unten. Nach wenigen Sekunden habe ich den Boden erreicht und drehe mich um. Der Raum ist drei mal drei Blöcke groß. Ich stelle mich in die Mitte, um mir einen Überblick zu verschaffen. Vielleicht finde ich ja noch weitere Geheimnisse. Ich sollte aber erst einmal nachsehen, was sich in den Kisten befindet.
Klick.
Ich kenne das Geräusch. Ein Schalter auf dem Boden. Eine Druckplatte. Noch bevor ich meinen Blick auf den Boden richten kann, höre ich das Zischen. Ich setze zu einem Fluch an, bekomme ihn aber gar nicht mehr heraus. Um mich herum gibt es einen lauten Knall. Ich bin sofort tot. Dynamit. Eine Falle. Und ich bin auf sie reingefallen. Ich Idiot.
Ich drücke auf “Respawn” und stehe wieder in meinem Haus. Ohne nachzudenken renne ich los. Ich kenne den Weg zum Tempel. Ich schaue nicht auf die Uhr und nehme nichts mit. Ich laufe einfach. Verzweifelt. Traurig. Wütend. Als ich am Tempel ankomme, wird es dunkel. Es ist mehr ein Reflex, der mich dafür sorgen lässt, den Tempel vor Monstern zu schützen. Ich sammle sechs Sandblöcke ein, betrete den Tempel und verbaue die drei Eingänge. Es wundert mich nicht, dass ich mich an die Anzahl der Eingänge erinnere. Ich mag in der echten Welt ein schlechtes Gedächtnis haben, aber wenn ich Minecraft spiele, dann bin ich konzentriert. Ich bin ein Abenteurer. Und da muss man auf Details achten. Es sei denn, es handelt sich bei diesen Details um Druckplatten. Bevor ich mir weiter Vorwürfe machen kann, drehe ich mich zur Mitte der Eingangshalle um. Ich sehe das drei mal drei Klötze breite Loch. Langsam nähere ich mich ihm. Als ich es erreicht habe, traue ich mich zunächst nicht, hinunter zu blicken. Irgendwann tue ich es trotzdem. Und sehe ein Loch am Ende des Schachtes. Auf dem Boden kann ich Erfahrungskugeln erkennen, die mich sofort an meinen Tod erinnern. Das durch die Explosion entstandene Loch ist riesig. Ich verfolge meinen durch Leitern errichteten Weg nach unten. Die Explosion hat ihn zerstört. Unten fehlen die letzten Leitern.
Es ist die Verzweiflung, die mich handeln lässt. Ich habe nichts mehr zu verlieren. Ich springe an die oberste Leiter und lasse mich so weit wie möglich hinunter. Den Rest des Weges falle ich.
Der Aufprall ist hart. Zurück bleiben zwei gefüllte Herzen. Das ist nicht viel. Ich stehe mitten in einem dunklen Loch und bin so gut wie tot. Das einzige Licht, das mich erreicht, kommt durch den Schacht zu mir hinunter. Ich sehe mich um. Die Erfahrungskugeln bewegen sich auf mich zu und werden automatisch von mir eingesammelt. Sie interessieren mich aber gar nicht. Ich suche meine Gegenstände. Vielleicht ist noch etwas aus den Kisten übriggeblieben. Oder wenigstens aus meinem Inventar. Ich sehe in jeder Ecke nach. Nichts. Ich finde keinen einzigen Gegenstand wieder. Alles wurde zerstört. Lediglich ein paar Steine kann ich aufsammeln. Die letzten Überreste nach der Explosion.
Ich sehe nach oben. Die Leiter zu erreichen ist von hier aus unmöglich. Ich öffne mein Inventar. Dann muss ich mir eben einen Weg nach oben graben. Mir wird schlecht. Mein Inventar ist leer. Ich habe keine Werkzeuge. Schließlich bin ich nach der Explosion Hals über Kopf zur Ruine gerannt. Lediglich fünf Steine trage ich bei mir. Ich sehe erneut zur Leiter. Das wird nicht reichen. Oder? Ich probiere es und sehe auf den Boden. Springen und bauen lautet die Devise. Was der Rocketjump für Quake darstellt, ist das Bauspringen in Minecraft. Das Wort “Bauspringen” habe ich übrigens selbst erfunden. Aber gerade ist nicht die Zeit dafür, auf eine solche Wortkreation stolz zu sein.
Ich errichte einen Turm bestehend aus fünf Steinen. Am Ende stehe ich auf dessen Spitze. Die Leiter? Mir fehlen etwa fünf weitere Steine, um sie zu erreichen. Das kann doch nicht sein.
Gut, muss ich wohl meine Fäuste sprechen lassen. Ich schlage auf meinen Turm ein, um ihn wieder abzubauen. Ein mühseliger Vorgang. Aber man tut, was getan werden muss. Mein Ziel: Weitere Steine abbauen, um so einen höheren Turm zu errichten. Als ich mein Podest abgebaut habe, erschrecke ich erneut. Ich hatte es ganz vergessen. Wenn man Steine ohne Werkzeug abbaut, lösen sich die Blöcke einfach auf. Sie verwandeln sich nicht in Baumaterial. Sie verschwinden. Wie meine Hoffnung.
Nein. Nicht aufgeben. Suchen. Sand? Dreck? Kies? Hier muss doch etwas anderes sein als Steine. Nein. Nichts. Dann muss ich mir eben mit den Händen einen Gang nach oben graben. Ich werde kämpfen. Ich habe Zeit. Schnell wird mir klar, dass ich genau das nicht habe. Ich bin den Weg zum Tempel gerannt. Rennen verringert die Hungerleiste. Nach den ganzen Strapazen besteht sie nur noch aus etwa drei gefüllten Balken. Wieder der Blick nach oben. Einen Gang zu graben wird zu lange dauern. Und was sollte ich oben schon tun? Ich befinde mich mitten in der Wüste. Durch meine vorherigen Erkundungen weiß ich, dass sich keine Tiere in meiner Nähe befinden. Den Rückweg werde ich nicht überleben.
Mir wird bewusst, dass ich verloren bin. Ich werde verhungern. Langsam stelle ich mich in die Mitte der Höhle und sehe den Schacht hinauf. So bleibe ich stehen und beobachte, wie ich immer hungriger werde. Als mein Magen leer ist, verliere ich die letzten Herzen meines Lebens. Schritt für Schritt nähert sich der Tod. Als es soweit ist, lasse ich mich umgehend in mein Haus zurücksetzen. Dort bleibe ich bestimmt zwei Minuten lang stehen und denke über das nach, was sich da gerade ereignet hat. Ich habe alles verloren. Natürlich würde ich die verlorenen Gegenstände schnell neu herstellen können. Eine neue Karte wird ebenfalls in kurzer Zeit erkundet sein. Aber irgendetwas in mir steht noch immer in dieser kleinen Höhle unter dem Tempel. Werde ich jemals dorthin zurückkehren? Ja. Aber nicht sofort. Ich schaue aus dem Fenster. Der Hühnerstall müsste endlich mal vergrößert werden. Ich öffne meine Kiste, statte mich mit dem Nötigsten aus und kümmere mich um meine Haustiere.