Prolog
Ab der Hälfte fällt das Festival am leichtesten. Das zumindest durfte ich nach den letzten Jahren feststellen. Und diese hatte ich gestern erreicht. Meine Theorie scheint sich auch zu bestätigen, denn nach keinem Film hatte ich ernsthaft Ermüdungserscheinungen. Zumindest nicht, wenn die Filme gut waren. Dass einen schlechte Filme runterziehen, kennt man ja.
Vor Festivaltagesbeginn fuhren wir noch kurz in die Stadt, um uns mit Chips einzudecken. Schön, dass man während des Festivals nicht auf Nahrungsmittel kontrolliert wird. Für eine Packung Chips im Kino, bekomme ich zwei im Laden. Aber das kennt man ja.
Wir betraten den Kinosaal und freuten uns auf den ersten Film, als man nach einigen Minuten feststellen durfte, dass scheinbar etwas nicht stimmte. Kein Film. Nichts. Irgendwann kam dann eine Ansage. Ein ÑKolbenì am Projektor sei kaputt. Der müsse repariert werden. Somit mussten wir den Raum wechseln. Nach sechs Tagen freut man sich über jedwede Art der Bewegung und so lief ich freudig mit. Dann ging es endlich los.
Film 23: The Art Of Negative Thinking
Nach einem Unfall muss Geirr im Rollstuhl sitzen. Da er deswegen extrem depressiv geworden ist, droht seine Ehe daran kaputt zu gehen. Darum ruft seine Frau eine Psychologin zu Rat, die auch sogleich mit ihrer Therapiegruppe bei ihnen auftauch. Doch die positiv denkende Dame hat nicht mit der unglaublich negativen Aura gerechnet, mit der sich Geirr umgeben hat.
Und wieder beginnt das Festival mit einer tollen Komödie. Was diesen Film zu etwas ganz besonderem macht, sind die unterschiedlichen Charaktere. Jeder hat seine ganz speziellen Eigenschaften und Fehler und genau dadurch ist die Therpiegruppe so schön anzusehen.
Humortechnisch wird dem Zuschauer einiges geboten. Schwarzer Humor ist hier am häufigsten anzutreffen, was aber so genial umgesetzt wurde, dass es das ein oder andere Mal Szenenapplaus gab. Die unterschiedlichen Behinderungen der Charaktere laden aber auch dazu ein.
Somit geht man am Ende gut unterhalten aus dem Saal und hat gelernt, dass Ñnegatives Denkenì nicht immer verkehrt ist. Wer Humor über behinderte Menschen natürlich grundsätzlich ablehnt, ist hier aber fehl am Platz.
Film 24: Senseless
Ein Mann wird gefangen und eingesperrt. Er hat zunächst keine Ahnung, was vor sich geht. Bis sich ihm ein maskierter Mann vorstellt. Man hat ihn gefangen, um ihn zu quälen und dies übers Internet auszustrahlen. Die Zuschauer können dann Geld spenden, um ihn entweder frei zu lassen oder weiter zu quälen.
Bei Senseless war ich hin und her gerissen. Nach einer Diskussion am Ende des Films kamen wir darauf, dass man ihn besser als Kurzfilm umgesetzt hätte, da er einige Längen hatte. Doch das war nicht das größte Problem: Schlimm war es, dass in den Film wieder einmal ein ÑAmerika gegen den Rest der Weltì Geschichtsnetz gesponnen wurde. Natürlich ist der in Frankreich gefangene Mann Amerikaner und die bösen Terroristen, die durch diesen Akt den Amerikanern zeigen wollen, dass sie doof sind.
Warum macht man sowas? Die übertragen die Quälereien ins Internet und lassen die Welt abstimmen, was mit dem Mann passieren soll! Am meisten Geld kommt von denen, die ihn weiter gequält sehen sollen. Während des Filmes lies der Maskenmann ÑQuotenì vor. Wer stimmt wofür? Wie viele nehmen teil und so weiter. Hätte das nicht gereicht, um einen medienkritischen Film zu inszenieren? Meiner Meinung nach schon. Die Amerikahandlung war abartig dumm.
Auf der anderen Seite hatte der Film aber sehr krasse Folterungsszenen. Davon gab es zwar nur fünf, diese wurden aber sehr hart, realistisch und direkt umgesetzt. Die Kamera hält drauf und der Zuschauer fühlt sich einfach unwohl dabei. Wie ist es, seine Sinne nach und nach zu verlieren? Senseless zeigt es. Leider etwas langatmig und mit einer dummen Hintergrundgeschichte.
Film 25: Virus Undead
Heilige Scheiße, bitte sage mir, was das war! Virus Undead war qualitativ das bisher beschissenste Stück Filmdreck, das ich auf dem Festival betrachten durfte. Ich musste mich zwingen, nicht einzuschlafen oder den Saal zu verlassen es war anstrengend. Aber von vorne.
Ein Junge fährt mit zwei ÑSuperkumpelsì, die sich nicht mögen und dumm sind, in seine Heimatstadt, weil sein Opa (oder so) gestorben ist. Leider wütet gerade die Vogelgrippe. In einem typisch deutschen Imbiss werden tote Tiere auf der Straße eingesammelt und in Wurst verwandelt. Dadurch werden die Menschen zu wütenden Zombies. Herrgott. Das liest sich besser, als es war!
Der Film wurde so gezwungen künstlerisch anspruchsvoll inszeniert, dass es einem Schmerzen bereitet, zuzugucken. Der Regisseur scheint stolz auf seine Leistung zu sein. Der Zuschauer ist dies nicht. Der Film dauer 92 Minuten. Gefühlte 300 Minuten passiert gar nichts und die restlichen 200 sind actionarme Kampfszenen, die so schlecht inszeniert wurden, dass man unfreiwillig darüber lachen muss. Abartig.
Ich möchte nichts mehr dazu schreiben. Die Darsteller sprechen alle englisch, weil es cool ist (IN DEUTSCHLAND!), der Klischeepolizist frisst tatsächlich Donuts, ein Junge stellt sich als fieses Arschloch heraus und spielt diese Rolle für den Zuschauer sehr anstrengend, die Vögel sind miese Computerschatten, die Helikopter waren nicht echt, es wird geredet, es passieren Dinge, die keinen Sinn ergeben, man verriegelt Glastüren mit kniehohen Kommoden, damit niemand eindringen kannÖ AAAARRRGGGHHH! ENDE! JETZT!!!
Film 26: Mirrors
Während seines neuen Jobs als Nachtwächter in einem abgebrannten Einkaufszentrum beginnt der ehemalige Polizist Ben Carson merkwürdige Dinge in den dortigen Spiegeln zu sehen. Wie es scheint, möchten die Spiegel im etwas mitteilen. Als er dem Geheimnis auf die Schliche kommt, ist plötzlich aber seine gesamte Familie in Gefahr und droht, von ihren eigenen Spiegelbildern abgeschlachtet zu werden.
Mirrors hat gerade zu beginn eine unglaubliche Spannung zu bieten. Ich habe durchweg angespannt in meinem Sitz gehockt und die Schockmomente wurden großartig inszeniert. Gleichzeitig wurde ein Mord extrem brutal umgesetzt und erntete damit sogar Szenenapplaus.
Leider hält sich diese Spannung nicht bis zum Ende. Irgendwann weiß der Hauptcharakter, was er zu tun hat, um den Spuk zu beenden und der Film wird etwas hektischer. Von der anfänglichen Ruhe ist nichts mehr zu sehen. Schade eigentlich, denn der Anfang hat mir richtig gefallen.
Zum Schluss muss man dem Film hoch anrechnen, dass er eine sehr gute Erklärung für das alles parat hatte. Über die Hintergründe blieben keine Fragen offen und trotzdem wird man alleine durch die Abschlussszene noch lange über den Film reden. Zumindest, wenn man Interesse an sowas hat.
Mirrors war in gewisser Weise die Actionvariante von ÑThe Brokenì, den ich vor einigen Tagen gesehen habe.
Film 27: The Rage
HOLY JESUS FUCKING CHRIST!! WTF? The Rage war das geilste Stück Trash, das ich seit langem betrachten durfte. Er war verdammt extrem sehr blutig, die Darsteller waren unter aller Sau, die Computereffekte eine Zumutung aber der Film genau darum sowas von genial, dass ich mich danach erst einmal wieder erholen musste.
Es geht eigentlich nur um einen Wissenschaftler, der einen Virus züchten will, um die Welt zu erpressen. Es läuft was schief, infizierter Mann kommt frei, zerhackt ein paar Menschen, stirbt (weil wegen), wird von Geiern gefressen, die mutieren zu Mutantenkillergeiern, fallen Menschen an und so geht es weiter. Der Film wurde so rasant inszeniert, dass es so gut wie keine Ruhepause gab.
Zwischenzeitig musste ich lauf auflachen. Ein solches Splatterfest hatte ich nicht erwartet und es war großartig. Als zwei Kinder brutal ermordet wurden, haben ein paar Leute den Saal verlassen und ihnen folgen im Laufe des Films immer wieder ein paar andere. Ja, der Film war billiger Trash. Aber verdammt noch mal: Wir sind auf dem Fantasy Filmfest! Es wird immer nach Splatter geschrien und hier hat man ihn bekommen! Man sollte seine Ansprüche an Kameraqualität und ähnliches auch mal runter schrauben können, denn wenn man sich an einige schlechte Effekte (Exposionen z.B.) gewöhnt hat und diese akzeptiert, ist ÑThe Rageì eine grandiose Nachtunterhaltung.
Was soll ich sagen? Der Film stellt den Überraschungshit des Festivals dar. Es gab liebevolle Gummiegeier, Monsterblutegel und so viel mehr, was den Fan begeistern konnte, dass man aus dem Staunen nicht mehr herauskam. Und hatte ich schon erwähnt, dass er blutig war? Bestimmt. Ansehen!
Epilog
Ja. The Rage. Ich sage da mal nichts zu. Ich war etwas aufgedreht nach dem Film und musste mich erst mal sammeln. Der erste und die letzten beiden Filme waren wirklich gute Unterhaltung. Virus Undead stellt ebenfalls ein Highlight dar. Aber eines, dass man sich in den Arsch schieben kann.
Viel mehr gibt es nicht. Zug erwischt, nach Hause, Balkongelaber und Bett. Das wars dann.