Der Drachentöter aus Offenburg ist nicht witzig

Ein berühmter Satz, den man immer und immer wieder von Leuten hört die glauben, dadurch besonders intelligent zu erscheinen, lautet: „Es gibt keine dummen Fragen.“ Lustige Persönchen fügen dann noch hinzu: „Nur dumme Menschen.“ Vollkommen unbeeindruckt von diesem Anflug von Lustigkeit behaupte ich aber, dass es solche dummen Fragen doch gibt.

Um meine Behauptung wissenschaftlich korrekt zu untermauern habe ich mich auf die Suche gemacht, um einen Katalog von dummen Fragen zu erstellen, mit dem ich alle zweifelnden Menschen niederschlagen und erdrücken kann. Doch leider musste ich mich aufgrund nervlicher Belastungen schon nach der ersten dummen Frage wieder zurückziehen.

Die gestellte Frage traf mich vollkommen unerwartet und somit war ich auch gar nicht auf den wuchtigen Aufprall ihrer aus klangvollen Tönen zusammengestellten Tonfrequenz vorbereitet. Das, was meine Ohren vernahmen, klang in etwa so: „Soll ich dir einen Witz erzählen?“

Dies ist eine Frage, die ich am liebsten einfach mit einem schnellen, aber energischen „nein“ und einem Schlag ins Gesicht beantworten würde. Aus feinfühligen Gründen und der Verpflichtung zur Toleranz gegenüber anderen Menschen antworte ich aber meistens einfach gar nicht auf diese Frage, um meinen Gegenüber beziehungsweise meine Gegenüberin nicht zu beleidigen.

Dieses Nichtssagen wird leider immer gleich als ein „ja“ aufgefasst. Schließlich brennt man ja darauf, dem Anderen dieses unglaublich witzige Stück Humor mitzuteilen um mit ihm die eigene Fröhlichkeit zu teilen. Der Witz beginnt also, sich zu entfalten und schreitet unaufhaltsam seiner bahnbrechenden Pointe entgegen.

An dieser Stelle muss ich leider zugeben, dass ich kein Verfechter des Witzes bin. Ich lache eher über trockenen oder fiesen Humor. Über eine kleine Erna, die wegen einem Eis auf dem Boden ihrer Oma irgendetwas lustiges erzählt oder einen Angestellten, der seinem Chef etwas sagt, wofür man ihn normalerweise sofort entlassen würde, kann ich einfach nicht laut lachen. Wenn ich einen solchen Witz wirklich einmal lustig finden sollte, dann lache ich eher innerlich.

Als Kind war das anders. Da habe ich über solche Witze schallend gelacht, vor allem, wenn ich sie nicht verstanden hatte, um meinem Gegenüber zu zeigen, dass dies nicht der Fall war. Außerdem sorge ich dafür, dass der Verkauf von Witzbüchern drastisch gesteigert wurde. Ich hörte Witze genauso gerne, wie ich sie anderen Leuten erzählte. Wie sehr ich mein Umfeld, vor allem familiär, damit quälte, habe ich leider erst jetzt begriffen.

Doch zurück zu meinem innerlichen Gelächter. Leider wird diese innerliche Erheiterung von denjenigen, die mich mit dem Witz unterhalten wollten, falsch aufgeschnappt. Ich sei unlustig und würde keinen Spaß verstehen, muss ich hören. Der Versuch, ihnen zu erklären, dass man ja irgendwie doch gelacht hat, nur eben nicht so, wie sie es von einem erwartet haben, wird ignoriert. Und die Freundschaft gekündigt. Von nun an wird man nur noch als „der Spaßverderber“ oder „Witzvernichter“ bezeichnet.

Solche Betitelungen finde ich gut, auch wenn sie nicht gerade das soziale Leben bestärken. Aber wenigstens weiß dann jeder Neuankömmling in meinem Freundeskreis sofort, dass er mit bescheuerten Witzen bei mir genauso richtig ist, wie ein Schaf in einem Rudel hungriger Wölfe.

Gerne hätte ich auch den Titel „reichster Mensch auf dem Planeten“, doch bis dahin ist es noch ein langer und anstrengender Weg, der durch meine Faulheit leider nicht zu meistern ist. Außerdem ist dieses kommerzielle Denken in der heutigen Gesellschaft nicht gern gesehen, weshalb ich mich, werte Leserinnen und Leser, von dieser Aussage nachträglich ausdrücklich distanzieren möchte. Ein anderer und vor allem besserer Titel muss also her.

Früher war das mit den Titeln eindeutig besser. Im Mittelalter musste man nur einen Drachen töten und schon hatte man einen Titel wie „Drachentöter Uwe“ oder ähnliche klangvolle Bezeichnungen, die eine ganze Stadt durch ihren Klang erzittern ließen. Der einzige Grund, weshalb heute noch eine deutsche Stadt erzittert ist ein Erdbeben, Sonntags in der Nähe von Offenburg, doch haben Drachen damit eher weniger zu tun.

Warum ich hier von Drachen rede? Weil ich glaube, dass diese wundervollen Geschöpfe noch heute in leicht abgewandelter Form existieren! Das mag jetzt ein bisschen komisch klingen, was das Ganze aber noch weitaus interessanter macht!

Drachen lebten vor vielen Millionen Jahren auf diesem Planeten. Dann aber kam eine Eiszeit daher, was bei den feurigen Tieren nicht gerade positive Reaktionen hervorrief. Durch die Kälte konnten sie kein Feuer mehr spucken, sondern nur noch Eis. Dass sich Feuer in Eis verwandelt ist einerseits dadurch zu erklären, dass es eben verdammt kalt war, andererseits aber auch mit dem stichhaltigen Argument, dass früher eben alles anders war.

Zudem wuchs den Drachen ein Fell und ihre Flügel froren ab. Da sie in diesem Zustand völlig schutzlos waren, mussten sich die einst so ehrenhaften Geschöpfe verstecken. Also beschlossen sie, zu schrumpfen, um besser in kleine Höhlen kriechen zu können. Dies taten sie dann auch und überlebten so die Eiszeit.

Als diese vorbei war, kamen sie aus ihren Höhlen gekrochen um sich wieder in die Wesen zurückzuentwickeln, die sie früher einmal waren. Gegen diesen Entwicklungsbeschluss hatte Mutter Natur aber das Argument vorzubringen, dass sie Mutter Natur sei und somit alleine entscheiden dürfe, was sich auf diesem Planeten wie entwickeln durfte. So mussten die Drachen auf ewig in ihren momentanen Körpern bleiben und sich damit abfinden, dass sie nun statt Eis nur noch Wasser spucken konnten, denn das Eis war aufgrund der nach der Eiszeit vorherrschenden Wärme geschmolzen. Wir Menschen nennen diese einst so unglaublichen Tiere heute übrigens einfach nur noch „Lamas“.

Was ich mit diesem geschichtlich-biologischen Exkurs ins Reich der Tiere bezwecken möchte, ist klar: Bescheuerte Thesen über bescheuerte Tiere sind meist witziger als Witze. Wer diese Erkenntnis erst einmal erlangt hat, hat den ersten Schritt getan in eine Welt, voller Humor und Glückseligkeit. Drum lasset uns singen und tanzen und springen und die Welt einfach mal einen schönen Planeten sein lassen.

Wem das jetzt zu viel des Guten ist, der sollte umgehend jemanden anrufen, den er mag, ihm sagen, man würde ihn hassen, ein paar Sekunden schweigen und dann laut lachend rufen, dies sei nur ein Witz gewesen. Sollte man dann am anderen Ende der Leitung hören, dies sei nicht witzig gewesen, solle man laut erwidern, man sei ja auch ein „Spaßverderber“ und auflegen.

Sollte einem diese Rufverbesserung zu gewagt sein, darf er sich von nun an „Lama-Töter Harald“ nennen, eine Stadt zum Beben bringen und Fabeln lesen. Klappt eines dieser Vorhaben wider allen Erwarten nicht, kann ich nur noch den Tipp geben, auf die nächste Eiszeit zu warten, denn vielleicht wird dann endlich alles besser und Witze fangen wieder an, lustig zu sein.

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