Brot für die Welt

Nehmen wir einmal an, ich wäre Gott. Also nicht DER Gott, sondern ein anderer. Und ich würde, wie man das so macht als Gott, mit meiner allumfassenden Präsenz durch das All rasen, dabei jedoch überall zugleich sein und einfach mal gucken, was so abgeht auf der Welt. Mit Welt meine ich jetzt die Erde. Unseren Planeten. Nein, euren Planeten, oder ihren, je nachdem, wie man sich so anspricht unter Gott und Nichtgott. Ich wohne da ja gar nicht drauf. Oder doch? Irgendwie ja schon. Aber das ist mir jetzt wirklich zu kompliziert. Sagen wir einfach, ich wäre bisher noch nicht da gewesen. Ich bin ja ein Gott und kann somit sein, wo ich will. Und ich wollte eben bisher nicht auf der Erde sein. Bis ich meine Meinung änderte. Das darf man ja schließlich, gerade als Gott. Jedenfalls komme ich nun bei der Erde an.

Als Gott möchte ich selbstverständlich angebetet werden. Den Luxus gönne ich mir. Ist ja so schon hart genug, mein Leben. Wenn man das überhaupt Leben nennen kann. Eher Existenz. Oder “da sein”. Egal, ich möchte Aufmerksamkeit. Sofort. Dringend. Weil ich sie nötig habe. Und verdient. Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen? Richtig: Von den Menschen. Nicht von den Tieren. Die können ja nicht reden. Oder Opfer darbieten. Dafür bräuchte man ja Tiere, was sie ja sind. Und darum geht das nicht. Ziemlich doof, diese Tiere. Gut, dass es Menschen gibt.

Wie sich das für einen Gott so gehört, muss ich nun erst einmal auf mich aufmerksam machen. Aber wie? Einen Propheten ernennen der Gebote darbietet und anderen anbietet mich mit ihm zusammen anzubeten? Nein, viel zu unsicher. Heutzutage (also “heute” aus der Sicht eines Gottes) kann man ja niemandem mehr trauen. Meinen Sohn hinschicken? Nach kurzer Nachforschung stelle ich fest, dass das schon ein anderer Gott getan hat. Meine Tochter? Nein, ich halte nichts von der Frauenquote in Führungspositionen. Also doch die altmodische Methode: Ein Zeichen setzen.

Doch was bietet sich dafür an? Es sollte ja schon etwas persönliches sein. Etwas, das man mit mir in Verbindung bringen und auf mich zurückführen kann. Aber was? Blut? Nein, da müsste ich mich ja selbst verletzen und meine Göttlichkeit entkräften. Das will ich nicht. Ist ja eigentlich ein schönes Leben, so als Gott. Nach kurzer Überlegung fällt es mir dann aber ein, das perfekte Zeichen.

Bevor ich aber mein Zeichen setze, schaue ich erst einmal in die Zukunft. Das kann ich schließlich. Eine Leichtigkeit. Man möchte ja vorbereitet sein auf das, was kommt. Auch wenn es schon da ist. Aus Sicht eines Gottes zumindest. Wie wird mein Zeichen also ankommen? Verschiedene Visionen tauchen vor mir auf. Ich sehe einen Berg. Man nutzt mein Zeichen, um Hungernde zu ernähren. Man bricht etwas davon ab, verteilt es, isst davon und es wird nicht weniger. Hunderte Menschen werden satt. Toll.

Und hier: Ein “Abendmahl”. Man verteilt es an die Anwesenden. Als “Laib” wird es bezeichnet. Laib. Wie Leib, Körper, ein Produkt meines Körpers. Wundervoll. Man verteilt es und reicht es zu Getränken. Ein schönes Bildnis. Diese Tradition wird über viele Jahre bewahrt. In Gotteshäusern treten die Menschen vor, trinken und essen. Mein Leibgericht.

Das reicht. Ich bin überzeugt. Nicht, dass man einen Gott überzeugen müsste, oder könnte, aber das sagt man einfach so auf der Erde. Dem Ort, an dem ich nun mein Zeichen setzen werde. Ich konzentriere mich. Perfekt muss es sein. Wo genau setzte ich es? Mitten in eine Stadt? Auf einen Berg? In einen Fluss? Nein, besser nicht, ich möchte mein Zeichen nicht territorial binden. Es soll überall gleich sein. Ich muss es verteilen. Gerecht. Los geht´s. Ich setze mein Zeichen. Oder besser: Einen Haufen. Einen großen Haufen. Und ich merke, dass es gut tat.

Nach Erledigung meines Geschäfts gehe ich weiter. Nein, fliege ich weiter. Und bleibe doch da. Auf der Erde. Wo die Menschen von nun an von meinem Zeichen zehren.

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