/// spa
Ein Flugzeugabsturz ist schon für sich genommen eine extrem unerfreuliche Angelegenheit. Einen solchen zu überleben sollte in der Regel Glücksgefühle in einem hervorrufen. Im heute von Bobo gezogenen Film kommt jedoch alles anders.
In “The Grey” dient der Flugzeugabsturz lediglich als Einleitung. Man stürzt nämlich nicht nur einfach irgendwo ab, sondern mitten in einer Einöde aus Schnee, Eis, Wind und Kälte. Den Überlebenden bleibt hier keine Zeit für Feierlichkeiten. Schnell denkt man darüber nach, das eigene Überleben zu sichern. Lebensmittel horten, ein Feuer machen… all die Dinge, die Menschen in Not eben so machen sollten.
“The Grey” wäre vermutlich so schon ein interessanter Film gewesen. Ein Absturz in unangenehmen gefilden kann einen Film locker tragen. Doch hier wird das ganze noch garniert von ein paar Wölfen, die ziemlich wütend darüber sind, dass da ein Flugzeug eine Truppe Menschen im eigenen vereisten Vorgarten abgeladen hat. Das ist verständlich. Ich will schließlich auch nicht, dass plötzlich ein paar Leute in meinem Fahrradschuppen ihre Zelte aufschlagen und ein Feuer aus meinem Fahrrad errichten. Nein, ich habe kein Fahrrad aus Holz, aber irgendeinen Blödsinn muss man hier ja von sich geben.
Da der Protagonist des Films sich mit Wölfen auskennt, teilt er den Anwesenden mit, dass man sich schleunigst vom Acker machen sollte. Wölfe sind äußerst nachtragend. Man rennt davon, die Wölfe bleiben den Rennern dicht auf den Versen und nach und nach beißen sie ihnen in dieselben. Die Menschengruppe wird von Minute zu Minute kleiner.
Im Grunde handelt es sich bei “The Grey” um “Der weiße Hai” während einer Eiszeit. Sozusagen “Der graue Hai”. Nur ohne einen Hai. Stattdessen mit Wölfen. Ihr wisst schon, was ich meine. Tiere jagen Menschen. Tierhorror vom Feinsten. Nur eben ohne eine Mutation oder ähnlich absurden Schabernack. Die Wölfe sind einfach nur Wölfe. Ziemlich böse Wölfe.
Ich muss gleich einmal zugeben, dass ich keine Ahnung habe, ob Wölfe sich tatsächlich so verhalten wie im Film geschildert. Ich wage es ein wenig zu bezweifeln, doch tut das ja eigentlich gar nichts zur Sache. Ein Film hat das Recht, die Realität zu verbiegen, um sich selbst auf diese Art und Weise unterhaltsamer zu machen. Manchmal muss man das Hinterfragen auch einfach mal lassen.
Grundsätzlich ist “The Grey” ziemlich spannend. Nach einer kurzen, ruhigen Einleitung geht es los. Die Wölfe jagen, die Männer rennen. Geheult wird auf beiden Seiten. Nur irgendwie anders. Leider haben mich aber wieder einmal die Charaktere nicht interessiert. Der Protagonist ist der Wolfsexperte, der immer wieder sein Wissen zum Besten geben darf, letztendlich aber stets dabei versagt, seine Begleiter zu retten. Dann ist da der nervige Maulaufreißer, der dem Experten nicht glaubt und alles besser weiß. Der Kerl geht einem schon nach wenigen Minuten auf die Nerven und man fragt sich, warum ein solcher Typ in scheinbar jeden Film dieser Art gehört.
Letztendlich bleibt ein recht spannender Wolfsfilm, der hier und da ein paar Fragen aufwirft, die vermutlich niemand beantworten kann. Die Wölfe kommen mir hin und wieder etwas zu schnell von A nach B, das Ende war bescheuert (nicht unbefriedigend, sondern tatsächlich bescheuert) und irgendwie weiß ich nicht so recht, was ich noch sagen soll. “The Grey” war in Ordnung. Aber ich muss ihn nicht noch einmal sehen.
/// ZiB
Wer Tierhorror mag, kommt um “The Grey” eigentlich nicht herum, denn einen so atmosphärisch dichten Vertreter des Genres habe ich lange nicht mehr gesehen. Fast immer haftet Tierhorror ja inzwischen ein gewisser Trash Charme an. Davon ist hier nichts zu spüren. Die Einführung des “Helden” zieht einen direkt schon runter und macht klar, dass einen kein Feel Good Movie erwartet. Die Stimmung ist durchgehend so eisig und trist wie das Wetter. Dabei ist der Film sehr professionell in Szene gesetzt, und von den Schauspielern bis zu den weiten Landschaften stimmt eigentlich alles. Tierhorror mit Anspruch.
Ein kleines Problem ergibt sich dadurch aber. Bei diesem Aufbau erwartete ich unbewusst einen realistischen Film, aber das Verhalten der Wölfe ist laut Biologen völlig an den Haaren herbei gezogen. Normalerweise verschwende ich daran bei Tierhorror keinen Gedanken, weil es so offensichtlich ist, dass sie übertreiben. Schließlich muss das Tier so richtig böse sein, damit der Film funktioniert. Dass man einen seriös wirkenden Film sieht, der so übertreibt, war für mich etwas ungewohnt. Aber wenn man sich an “Der weiße Hai” erinnert, steht er in einer guten Tradition. Man sollte halt nur nicht den Fehler machen, davon auf das Verhalten echter Tiere zu schließen.
Was man dafür geboten bekommt, ist eine spannende, schnörkellose Geschichte ums Überleben. Die Gruppe wird natürlich immer weiter dezimiert. Zwar bleiben die meisten Charaktere leider etwas blass, aber zumindest wird sich bemüht, ihnen etwas Hintergrundgeschichte zu geben, wenn sie sich am Lagerfeuer unterhalten.
Insgesamt war ich also ziemlich angetan von “The Grey”. Beim zweiten Ansehen würde er sich vielleicht etwas ziehen, weil die Atmosphäre zwar überzeugend, aber wie erwähnt auch ziemlich trist ist. Er lässt sich Zeit. Aber davon sollte man sich nicht abschrecken lassen, wenn man ihn noch nicht kennt. Und danach den Hund bitte nicht in den Flur verbannen.