Ich sitze hier in der Klasse. Vorne steht eine Frau. Um genauer zu sein handelt es sich bei dieser Frau um eine Lehrerin. Dieser Umstand lässt das positive Bild, welches man anfangs noch von ihr hatte, als ihr nur der Begriff “Frau” zugeordnet war, etwas ins negative rutschen.
Jedenfalls ist das bei mir und all den anderen Personen in diesem Raum (außer eben der oben genannten Lehrerin) der Fall. Man könnte es auch als eine kollektive Abneigung bezeichnen.
Doch diese kollektive Abneigung ist nichts gegen eine andere, viel stärker dominierende Gefühlslage, die quasi den gesamten Raum umgibt.
Dieses Gefühl herrscht ebenfalls wieder in diesem Kollektiv. Also bei allen außer der Lehrerin. Genau definiert und mit einer Bezeichnung versehen, die diesem Gefühl gerecht wird, könnte man es “kollektive Langeweile” nennen.
Der Unterricht, also das, was die Lehrerin da vorne vergebens versucht auszuführen, strotzt von uninteressanten Kommentaren und einer noch viel uninteressanteren Lehrerin.
Die Anziehungskraft der von ihr besprochenen Themen ist leicht definiert. Ein Toastbrot, drei Wochen auf der Heizung liegengelassen und danach drauf rumgetreten hat mehr davon. Also nicht gerade das, was man sich an einem warmen Sommertag neben sich auf einer Picknickdecke liegen hat.
Aber zurück zur kollektiven Langeweile: Während dem Unterrichtungsversuch steht die liebreizende Dame vor den liebreizenden Schülern und langweilt sie, ebenfalls durchaus liebreizend.
Dieser Umstand sorgt bei den Schülern für eine geistige Abwesenheit, die aber durch die körperliche Anwesenheit ihresgleichen der Frau da vorne nicht aufzufallen scheint.
Während der eine Teil der Schüler einfach woanders ist, ist der andere Teil der Schüler mit dem anderen Teil der Schüler beschäftigt. Unterhaltungen über die üblichen Schülerthemen (Fußball, Skat, Bier, Rektalpilze) dominieren, die mündliche Mitarbeit tangiert gegen Null, was die Lehrerin nicht stört, da sie dadurch ihre Meinungen und Informationen weitererklären kann, was die kollektive Langeweile proportional zur Anzahl der Meinungen und Informationen steigen lässt.
Das alles ergibt einen Kreislauf, der nicht so leicht zu unterbrechen ist. Erlösung bringt da nur der Gong, den die Schüler mit Hingabe akzeptieren und aus diesem Zentrum der Langeweile entfliehen.
Die aufgegebenen Hausaufgaben werden nicht mehr registriert, da das Kollektiv zusammenhält und sie kollektiv nicht macht.
Die Autorität der Lehrerin interessiert ebenfalls kollektiv keinen und somit ist alles wie immer…