Genürsel 2014 – 21/52 – Chips

Genürsel 2014 - 21/52 - Chips

Ich mag sowohl Currywust als auch Chips. Was ich dafür nicht mag, sind Chips mit Currywurstgeschmack. Diese Erkenntnis traf mich eines Tages ziemlich hart, nachdem ich mir eine Tüte besagter Mixchips gekauft hatte und dann abends nach wenigen Bissen angewidert vor den Resten in der Tüte saß und mich darüber aufregte, keine Alternative gekauft zu haben. Normalerweise denke ich an Alternativen. Etwas Neues zum Probieren zu kaufen und dann nicht den Fall bedenken, dass es einem nicht schmeckt? Ziemlich blöd. Am Ende sitzt man hungrig in der Wohnung herum und verflucht den Geschmäckervermischfreund. Alternativen sind wichtig. Aber auch gefährlich, verleiten sie doch zu Verschwendung. Schmeckt etwas nicht allzu gut, wirft man es weg, weil man ja eine Alternative hat. Aber dazu später mehr.

Das alles hat doch ganz bestimmt mit Kirsch-Banane-Säften angefangen, da bin ich mir ziemlich sicher. Nicht im wissenschaftlichen Sinne natürlich, sondern eher im Sinne eines Koches, der als Kind in eine Gerüchteküche gesperrt worden war. Ein Kirsch-Banane-Saft wird in meinem Umfeld übrigens Kiba genannt, was in mir oft den Gedanken aufkommen lässt, mein Umfeld zu wechseln. Aber ich will ehrlich sein: Ich mag Kibas. Also nicht das Wort, sondern die Säfte, und weil das so ist und ich momentan ziemlich zufrieden mit meinem Leben bin, übernehme ich das Wort einfach in meinen Wortschatz und finde mich damit ab, anstatt mich weiter darüber aufzuregen.

Viel lieber stecke ich meine Aufregenergien in Bereiche, in denen es sich lohnt. Zum Beispiel in den Bereich der Energydrinks mit Currywurst-Geschmack. Was für ein widerliches Zeug! Gut, ich hätte bereits skeptisch werden müssen, als ich die Dosen in einem 1€-Laden stehen sah. Diese Läden sind doch sowieso der reine Betrug. Meistens kostet dort gar nicht mehr alles einen Euro, sondern weniger. Der Konkurrenzdruck macht selbst aus 1€-Läden Billigläden. Skeptisch wurde ich jedenfalls nicht. Wieder einmal bestimmten kindliche Faszination und Neugierde mein Handeln.

Ich werfe und schütte nur sehr selten Lebensmittel weg. Normalerweise esse ich gekauftes Zeug bis zum manchmal bitteren Ende auf. Selbst die Currywurst-Chips wurden letztendlich vollständig von mir vertilgt. Anschließend schüttete ich mir noch eine gehörige Portion Mundwasser in den Bereich meines Körpers, in den Mundwasser nun einmal gehört, um jedwede Geschmacksrückstände abzutöten. Leider wird das Trinken eines ganzen Liters Mundwasser von Ärzten und Apothekern nicht empfohlen. So war mir die vollständige Reinigung meines Magens nicht möglich und das unregelmäßig auftretende Aufstoßen erinnerte mich immer wieder an mein vorangegangenes Mahl. Ja, ich hätte tatsächlich lieber einen Liter Mundwasser zu mir genommen, als weiter innerlich diesem Gestank ausgesetzt zu sein. Doch leider konnte ich mich nicht dazu überwinden, meinen Magen weiter herauszufordern. Die Gedanken an Mundwasser in meinem Magen bringen mich dann auch endlich wieder zurück zum Currywurstgetränk. Dieses goss ich trotz des soeben geschilderten Grundsatzes nach gerade einmal einem Schluck sowohl in den Ausguss als auch in die Toilette.

Es gibt da diese Currywurst für die Mikrowelle. “Curry King” zum Beispiel. Man nehme eine Packung dieses ekelhaften Fraßes für Menschen ohne Würde und entferne die Wurst. Diese darf übrigens jederzeit – und ohne an Gewissensbissen verbluten zu müssen – weggeworfen werden. Meine zuvor definierte Wegwerfregel bezog sich schließlich, und das möchte ich an dieser Stelle extra noch einmal betonen, nur auf Lebensmittel. Nach der Entsorgung des Fleischimitates bleibt eine kalte Pampe zurück, die von ihren Erfindern zwar als Currysoße bezeichnet wurde, es aber jedem klar sein sollte, dass dies genauso ernst zu nehmen ist, wie der Titel “intelligenter Mensch” für einen Rassisten. Den soßlichen Abschaum schüttet man nun in einen großen Eimer voller Abwasser und gibt anschließend noch einen Liter Rohrzucker dazu. Für die angenehme Süße. Diese dickflüssige, klebrige und süße Currywurstpampe bildet die Grundlage unseres Currywurst-Energydrinks.

Da ich an dieser Stelle aus rechtlichen Gründen nicht die geheime Originalrezeptur des Currywurst-Energydrink-Herstellers preisgeben und daraufhin angezeigt werden möchte, verkürze ich meine Schilderungen nun besser ein wenig. Man fügt dem Ganzen, um es zu umschreiben, Energie hinzu und ist somit so gut wie fertig. Zeit für das Sahnehäubchen: Die Kohlensäure! Man nehme eine Kartusche eines dieser merkwürdigen Geräte, mit denen man Kohlensäure in normales Leitungswasser pumpen kann. Wissenschaftler, die sich gerade wegen meiner mangelnden Fachkenntnisse auf dem Gebiet der Kohlensäureproduktion lachend ins Hemd machen, sei gesagt, dass ich sehr glücklich darüber bin, sie zum Lachen gebracht zu haben. Für die neuen Hemden komme ich jedoch nicht auf. Das haben sie sich selbst zuzuschreiben. Kontaktieren sie vielleicht besser mal ihren Urologen und teilen sie ihm mit, dass sie sich immer in ihre Hemden pinkeln, wenn jemand über Kohlensäure redet. Das wird diesen sicherlich brennend interessieren und vielleicht sogar zu ähnlichen Taten verleiten. Über Urin habe ich nun definitiv genug geschrieben. Es ist aber auch kein Wunder, dass ich die ganze Zeit an Urin denken muss, geht es hier schließlich um einen Currywurst-Energydrink. Nach dem Hinzufügen der Kohlensäurekartusche heißt es warten, bis die Kartusche anfängt zu verrosten und sich nach und nach auflöst. Durch die so entstehenden Löcher wird die Kohlensäure der Klebepampe explosionsartig hinzugegeben. Erneut heißt es warten. Die Kartusche muss vollständig verrostet sein, um den angenehm im Rachenbereich kratzenden Geschmack des Energydrinks gewährleisten zu können. In dieser Zeit hat sich dann auch die gesamte Kohlensäure wieder aus dem Getränk verabschiedet, was dem Ganzen einen angenehm abgestandenen Geschmack verleiht. Endlich ist er fertig, unser Currywurst-Energydrink.

Vielleicht kann nun nachvollzogen werden, warum ich lediglich einen einzigen, kleinen Schluck dieses abartigen Getränks zu mir nehmen konnte. Es war wirklich widerlich. Ich erinnere mich heute noch mit Grauen an den Nachgeschmack. Während ich darüber nachdachte, ob ich das Zeug nun in die Küchenspüle oder die Toilette schütten soll, traf mich das erste Nachbeben in Form einen Rülpsers. Unangenehme Sache. Gleichzeitig hatte ich Mitleid mit Abfluss und Toilette. Ich brachte es einfach nicht übers Herz, den beiden eine solche Gräueltat zuzufügen. Die Alternative, die Dose einfach in einem Park zu vergraben, wurde schnell verworfen. Das Grundwasser. Und so schüttete ich die erste Hälfte des Doseninhalts in den Küchenabfluss, die zweite in die Toilette. Geteiltes Leid ist halbes Leid.

Am Ende stellte ich mir eine Frage: Ich mag Currywurst und gegen den Geschmack von Energydrinks habe ich nun auch nicht gerade besonders viel einzuwenden. Lecker sind sie nicht, aber abartig nun auch wieder nicht. Warum schmeckte mir der Currywurst-Energydrink wiederum nicht? Vielleicht passen bestimmte Dinge einfach nicht zusammen? Nein, das war so nicht korrekt. Hin und wieder nehme ich einen Energydrink zu mir, während ich Currywurst esse. Irgendwie muss beides also doch zusammenpassen. Was ist da los?

Die Antwort werde ich nicht liefern, weil ich enttäuschte Leser mag. Es ist aber auch eine komplizierte Sache. Entfernen wir uns vom zuvor beschriebenen Getränk und kommen wir zurück zu den Currywurst-Chips. Wieder die Verbindung zweier Elemente, die ich eigentlich mag. Ich esse gerne Chips und wäre auch dazu bereit, Chips in Currysoße zu dippen. Irgendwie sind Chips doch wie Pommes, und die liegen einer Currywurst sehr oft bei. Aber Chips mit Currywurst-Geschmack? Igitt.

Es ist eben ein Unterschied, nur nach etwas zu schmecken, was man nicht ist, oder dies tatsächlich zu sein. Das Rockalbum des in meinen Augen irgendwie merkwürdigen Volksmusikanten Heino beispielsweise mag auf den ersten Blick – oder das erste Gehör, wir reden hier schließlich von Ohren – wie ein Rockalbum klingen beziehungsweise schmecken, doch IST es eben kein Rockalbum. Würde Helene Fischer plötzlich ein knallhartes Straßenrapalbum aufnehmen, mitsamt Beats von angesehenen DJs und Texten von angesehenen Straßenrappern, wäre auch dies lediglich ein nach Hip Hop schmeckendes Album. Ich will keine Schlagersänger, die nach Rap schmecken. Ich will Schlagersänger, die nach Schlagermusik schmecken. (Kurzer Einschub: Eigentlich will ich gar keine Schlagersänger.) Man sollte nicht versuchen, andere Geschmäcker zu imitieren.

Da fallen mir Süßigkeiten mit Kirschgeschmack ein. Die schmecken doch, wenn wir mal ehrlich sind, auch nicht nach echten Kirschen, sondern nach Süßigkeiten, die einen Geschmack innehaben, der irgendwann einmal als Kirschgeschmack definiert und von da an von allen Süßigkeitenherstellern imitiert wurde. Die Erfinder dieses Geschmacks haben sich vermutlich nicht getraut, öffentlich zuzugeben, dass sie nicht in der Lage gewesen sind, einen richtigen Kirschgeschmack zu entwerfen. Milliarden an Steuergeldern wurden in die Kirschgeschmacksforschung gesteckt und dann kann man am Ende kein Ergebnis liefern? Nein, das wollte man nicht. Also behauptete man, der entwickelte Geschmack sei Kirsche und warf allen, die dies bezweifelten, vor, einfach keine Ahnung von Natur und diesem ganzen anderen Zeug da draußen zu haben, weil man den ganzen Tag nur vor dem Computer herumhängt und glaubt, das Ei käme aus dem Supermarkt. Wer will da schon das Wort und Einspruch erheben? So kam es, dass es von nun an zwei Geschmäcker auf der Welt existierten: Kirschgeschmack und Kirschgeschmacksgeschmack.

Was auch immer das da oben jetzt bedeuten oder beweisen soll: Ich möchte zum Ende kommen. Sonst sage ich noch, dass zu Chips ja wohl so gut wie immer irgendein Fremdgeschmack gehört, und sei es lediglich eine Prise Salz. Irgendwas ist ja immer. Zum Abschluss eine Frage an meine Leser: Was war zuerst da? Das Huhn oder der Supermarkt? Schickt eure Antworten bitte an jemanden, der in seinem Leben schon immer davon geträumt hat, hunderte Nachrichten mit dem Wort “Supermarkt” zu erhalten. Viel Spaß beim Knobeln.

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