Fernsehlandschaft – #8 – Chart Shows und Best Ofs

Das Fernsehen. Unendliche Weiten. Dies ist das Logbuch… ach ne. Das ist albern. Darum mache ich es kurz: Im Fernsehen laufen nicht nur intelligente Sendungen, sondern auch diverse das Gehirnvolumen verringernde Dummheitsbakterien herum. Über diese möchte ich hier schreiben. Dafür habe ich mich auf eine Reise durch die Fernsehlandschaft begeben und mir alles angeguckt, was es anzugucken gab. Man möchte ja nicht über etwas lästern, was man gar nicht kennt. Dabei bin ich auf interessante Funde gestoßen, die ich in dieser kleinen Serie bloßstellen möchte. Am Ende jedes Textes habe ich übrigens das beschlossen, was jeder Fernsehlästerer beschließen sollte: Den Blödsinn einfach nicht mehr einschalten, einmal Lästern reicht und sich eine Existenz auf der Dummheit und Ignoranz anderer aufzubauen ist auch nicht das Wahre. Danach ging es mir wirklich besser. Und noch etwas: Es gibt auch gute Sendungen im Fernsehen!

Häufig wird die Vergangenheit in ein positiveres Licht gerückt, als sie es realistisch betrachtet verdient hätte. Oft denkt man immer nur an die guten Dinge von damals oder redet sich Schlechtes besser, als es eigentlich war. Auch im Fernsehen geschehen solche Dinge und werden dort entweder unter dem Namen “Chart Shows” oder “Best Ofs” ausgestrahlt.

Bei Ersterem sitzt eine Horde Prominenter auf einem Sofa, redet über Lieder aus vorgegebenen Zeiten und wenn dann eines davon gespielt wird, tanzt man übertrieben künstlich erheitert durch das Studio und macht sich zum Affen, wobei ich hier keine Affen beleidigen möchte. Dieses Tanzspektakel wird begleitet von verwackelten Kameraschwenks, bei denen keine Szene länger als wenige Sekunden lang zu sehen ist. Hier ein tanzender Promi, dann das Publikum, weiter zur singenden Gruppe und zack, wieder zurück zu den Promis. Personen, die über eine Aufmerksamkeitsspanne von der Länge einer Stecknadel verfügen, dürften aufgrund dieser Darbietung Luftsprünge machen.

Für diese Wackelspektakel wird in der Regel ein sogenanntes “One-Hit-Wonder” aus der Mottenkiste gezogen, das den einzigen Hit den es jemals geschrieben hat (oder schreiben ließ) noch einmal vor einem Publikum zur Schau stellen darf. Die Zuschauer wurden vor der Sendung offensichtlich in eine Art Trance versetzt, die sie dazu anstiftet aufzustehen, zu klatschen, zu schunkeln und laut mitzusingen. Man ist genauso locker, wie die Promis und der Saal verwandelt sich ein Meer aus trampelnden Füßen.

Gerne werden zwischen den einzelnen Stimmungsmachern auch ein paar Einspieler gezeigt, in denen weitere Prominente auf einem Barhocker sitzend etwas zu den dort gezeigten Musikvideos erzählen. Dies ist auch die Gemeinsamkeit von “Chart Shows” und “Best Ofs”. Bei letztgenannten ist dies meist jedoch der einzige Inhalt, den man zu sehen bekommt. Einspieler, Meinungen, nächster Einspieler, das war es dann auch schon.

Hier frage ich mich immer, warum mir Promis unbedingt ihre Jugendgeschichten erzählen müssen. Was interessieren mich deren Kindheitserlebnisse und wie gut oder schlecht sie damals eine bestimmte Band fanden? Es ist schon erstaunlich genug, dass die Gäste wirklich zu jedem Lied eine Geschichte zu erzählen haben. Ein paar Autoren scheinen hier zu Höchstformen aufgelaufen zu sein.

Besonders schlimm sind die Prominentenmeinungen jedoch, wenn es um dramatische Ereignisse oder politische Themen geht. Dass sich hier die wohl oberflächlichsten Menschen der Nation zu äußern dürfen, ist schon fast eine Frechheit. Wen interessiert deren Meinung zu wichtigen Themen? Und wer erlaubt ihnen eigentlich, den Mund auf zu machen, wenn es nicht um Mode, Klatsch, Tratsch oder Liebesgeschichten geht?

Ich muss mich immer sehr zusammenreißen, wenn mal wieder ein debil dreinschauender Promi in die Kamera guckt und mit traurigem Blick erzählt, wie schlimm das Gezeigte damals doch für ihn war, nur um dann im nächsten Einspieler wieder fröhlich lachend über etwas vollkommen anderes zu reden, als wäre nie etwas gewesen.

So schön das Schwelgen in Erinnerungen auch sein kann, muss man darüber jedoch keine wöchentlichen Sendungen ausstrahlen. Mir tun die “One-Hit-Wonder” immer nur leid, wenn sie mal wieder vor die Kamera gezerrt werden, um ihren einzigen Erfolg ein weiteres Mal vor Publikum mit schlechtem Playback vorzuspielen und danach wieder in die Ecke gestellt werden, aus der sie zuvor gezogen wurden. Sie müssten sich doch eigentlich vorkommen wie ein altes Buch in einer Bibliothek, das immer wieder für einen kurzen Moment ausgeliehen wird, danach aber wieder in seinem Fach verschwindet, bis sich jemand erneut für es interessiert. Aber was denke ich überhaupt darüber nach? Schließlich möchten sie es ja nicht anders. Vermutlich sind auch sie an die Vergangenheit gebunden.

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