Genürsel 2013 – 20/52 – Gestank

Genürsel 2013 - 20/52 - Gestank

Es gibt auf diesem Planeten so viele Dinge, die ich nicht mag, dass ich irgendwann beschlossen habe, nicht mehr über sie zu schreiben, weil ich Besseres zu tun habe. Nun ereignete sich aber Folgendes: Ich saß am Schreibtisch und hatte nichts zu tun. Da dachte ich mir: “Schreib doch mal wieder über etwas, das du nicht magst.” Darum schreibe ich heute über Käse und Alkohol. Nein, besser: Ich schreibe nicht über die Dinge, die ich nicht mag, sondern über die Reaktionen, die mir entgegenschwappen, wenn ich von meiner Abneigung erzähle. “Abneigung” trifft hier, um ehrlich zu sein, übrigens nur auf eine Sache zu, aber mit irgendeiner Behauptung muss man einen Text ja beginnen. Ob es sich dabei um eine Lüge handelt, fällt doch letztendlich den Wenigsten auf.

Kommen wir zu Hassobjekt Nummer eins: Käse. Ich mag keinen Käse. “Hassobjekt” ist hier übertrieben, weil ich eigentlich kein Essen hasse. Aber “Hassen” ist so ein schlimmes Wort, dass ich es hin und wieder einfach verwenden muss, um meine Lebensfreude unter Kontrolle zu halten. Käse also. Die meisten rufen an dieser Stelle immer laut: “WAS?” Aber ich kann euch beruhigen: Ihr seid damit nicht alleine und nichts Besonderes. Spart euch darum Nachfragen wie “Isst du dann überhaupt Pizza?” oder “Wie kann man nur oh mein Gott?”. Ich behaupte, alle nach meiner dem Käse abgeneigten Äußerung geäußerten Äußerungen zu kennen. Das ist wie bei Menschen mit komischen Nachnamen. Die kennen auch alle Witze, die man aus ihren Namen konstruieren kann und können nicht nachvollziehen, warum ihre Gegenüber der Meinung sind, die ersten auf der Welt zu sein, die diese Humorversager aus ihren Zellen lassen.

Ich mag keinen Käse. Das hat nichts mit irgendeiner Essensphilosophie wie bei Vegetariern oder Veganern zu tun. Es hat auch keine gesundheitlichen Gründe. Ich mag ihn einfach nicht. Käse schmeckt mir nicht. Käse hat etwas an sich, was ich nicht mag. Die Struktur, der Geschmack, der Gestank. Keine Ahnung. Das ist wie bei Leuten, die keinen Spinat mögen. Oder Nüsse, Milch, Zimt, Äpfel, Pilze und so weiter. Bei mir ist es eben Käse. Und Wort- beziehungsweise Satzwiederholungen. Die mag ich auch nicht. Sind aber manchmal leider notwendig. Jedenfalls ist meine Käseabneigung keine große Sache für mich. Für andere dagegen schon, weil sie immer gleich einen kleinen Herzinfarkt bekommen, wenn ich davon erzähle. Weil Käse ja ein anerkanntes Nahrungsmittel ist, das von vielen Menschen gegessen wird. Oder so.

Ich esse übrigens wahnsinnig gerne Pizza. Teig, Tomatenmark, Salami, Zwiebeln und fertig ist die beste Pizza der Welt. Gut, ich würde noch etwas nachwürzen, aber lasst uns nicht zu sehr ins Detail gehen. Das hier ist keine Kochsendung. Wer jetzt allen Ernstes nicht nachvollziehen kann, dass ich Pizza dieser Art esse und liebe, sollte definitiv mehr Toleranz gegenüber anderen Geschmäckern entwickeln. Ich stelle mich ja auch nicht hin und versuche, andere vom Käsegenuss abzubringen. Dabei hätte ich dank des Gestanks mancher Käsesorten hier vermutlich leichtes Spiel und gute Argumente vorzuweisen. Ich mache so etwas aber nicht. Wer Käse mag, der soll ihn essen und sich an seinem Geschmack erfreuen. Aber lasst mich im Gegenzug auch in Ruhe und erwartet kein großes Käselager in meinem Kühlschrank. Pizza ohne Salami? Unvorstellbar. Esst sie trotzdem so, wie ihr sie wollt. Von mir kommen da ganz bestimmt keine Fragen wie “Wie kann man nur Pizza ohne Salami essen?” zurück.

Aber gut, um ehrlich zu sein ist die Käsegeschichte nur halb so schlimm wie die Reaktionen auf die Tatsache, dass ich keinen Alkohol trinke. Meistens fühlen sich die Käsemenschen nur zu einem einleitenden Kommentar genötigt und akzeptieren den Umstand dann. Aber bei Alkohol? Du meine Güte. Wie schaffe ich es nur, zu überleben? Müsste ich nicht aufgrund Unteralkoholisierung längst zugrundegegangen sein? Habe ich denn keine Würde? Bin ich ein Weichei? Ach nein, Moment, ich komme mir durch meine Alkoholfreiheit ja besser vor als der trinkende Abschaum der Gesellschaft, mit dem ich nichts zu tun haben will.

Das ist wie mit Karottensaft. Den mag ich auch nicht. Darum mache ich immer einen großen Bogen um Menschen, die Karottensaft trinken. Oder Käse essen. Eine Fete, auf der Pizza mit Käse konsumiert wird? Ohne mich! Käseesser können mir gestohlen bleiben. Ich fühle mich unwohl im Beisein von Käseliebhabern. Lasst mich dieses Gelaber besser einstellen (Nicht, dass das noch jemand ernst nimmt.) und stattdessen etwas ausholen.

In meiner Jugend habe ich alkoholische Getränke konsumiert. Ich habe schon immer alles Mögliche ausprobiert. Ich habe auch schon viele Käsesorten in meinem Leben gegessen, ohne Gefallen an ihnen zu finden. Gut, purem Alkohol blieb ich schon damals fern, aber wir wissen ja alle, was mit “Alkohol trinken” gemeint ist, wodurch ich mir zumindest diesen dummen Witz sparen kann. Nun gab es in meinem Leben auch eine Zeit, in der ich meiner Meinung nach zu viel Alkohol getrunken habe. Über diesen Lebensabschnitt möchte ich an dieser Stelle nicht weiter reden, wichtig ist nur, dass ich froh bin, ihn hinter mir gelassen zu haben.

Irgendwann lernte ich meine heutige Frau kennen, die schon damals keinen Alkohol trank. Ihr zuliebe hatte ich meinen Alkoholkonsum runtergeschraubt und schnell gemerkt, dass ich dadurch realistisch betrachtet überhaupt nichts verpasste. Es machte nur einen großen Unterschied: Plötzlich musste ich anderen Leuten erklären, warum ich nichts trank. Ich musste mich fast schon rechtfertigen.

Kurzer Einschub: Es gibt bei mir eine sogenannte “Anstoßausnahme”, die zum Beispiel auf größeren Familiengeburtstagen greift: An diesen stoße ich rein aus Tradition mit den Anwesenden an. Abseits dieser kleineren Ausnahmen war es das dann aber mit dem Trinken und selbst diese Ausnahmen finden immer seltener statt. Es muss einfach nicht sein. Einschub ende.

Ich gönne mir in meinem Leben nur eine bewusstseinsverändernde Droge: Koffein. Selbst hier achte ich aber darauf, nicht von ihr abhängig zu werden (“Ohne Kaffee werde ich morgens nicht wach.”). Wenn ich Alkohol mit einer Droge vergleiche, werde ich natürlich gleich wieder von ein paar Leuten merkwürdig angesehen. Ja, man kann alles regulieren und selbst bestimmen und ist alt genug und so weiter. Ich weiß das und jeder kann und soll das für sich selbst entscheiden. Habe ich ja auch. Dann wird man gefragt, ob man sich nicht hin und wieder mal locker machen möchte. Auf diese absurde Frage möchte ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen. Ich werde auch nicht Dinge wie “Ich kann auch ohne Alkohol Spaß haben.” von mir geben, da dieser Spruch meiner Meinung nach auf dem gleichen Idiotenhügel lebt wie der vorherige.

Ich wiederhole stattdessen lieber das, was ich bereits beim Käse gesagt habe: Lasst mich doch. Ich lasse euch schließlich auch. Ihr mögt keine Bratwurst? Ein solches Leben erscheint in meinen Augen nicht lebenswert, trotzdem würde ich euch weiterhin zum Grillen einladen. Dann grillt ihr euch eben ein Steak. Oder Maiskolben. Sind auch sehr lecker. Ich habe weder etwas gegen Bratwursthasser noch Käseesser noch Alkoholtrinker. Es ist mir egal, ob ihr keine Bratwurst esst, weil sie euch nicht schmeckt oder ihr einfach keine möchtet. Ich frage normalerweise nur nach, ob eine solche Entscheidung gesundheitliche Gründe hat. Einfach um zu wissen, ob ich auch bei anderen Dingen etwas beachten muss. Die Gesundheitsfrage ist vollkommen legitim.

Denkt ihr wirklich, ich denke schlecht über euch, weil ihr Alkohol trinkt? Ich denke eher schlecht über Menschen, die schlecht über Menschen denken, die Alkohol trinken.

Noch ein Einschub: Ich rede hier nicht von Alkoholismus oder übertriebenen Saufgelagen. Gezieltes, regelmäßiges “Abschießen” halte ich alles andere als für in Ordnung. Wenn man Trinkt, um Aggressionen auszuleben, dann ist das natürlich auch falsch. Wer dagegen auf einem Geburtstag ein paar Bierchen mit Freunden trinkt, rutscht auf meiner Beliebtheitsskala keinen Millimeter weiter nach unten als würde er dies nicht tun! Einschub ende.

Lasst mich zusammenfassen: Um “Dietmars Saufgelage” würde ich einen großen Bogen machen. Nicht, weil ich mich für etwas Besseres halte, sondern weil ich mit Trinken des Trinkens wegen nichts anfangen kann. Wisst ihr, was ich auch nicht besuchen würde? “Dietmars Käsefest”. Aus den gleichen Gründen. Was sollte ich denn dort? Man feiert den Käse. Ich mag keinen Käse. Da bleibe ich zu Hause. Ich sehe mir auch kein “Heimatfilmespezial” im Fernsehen an. Was ich dagegen theoretisch besuchen würde: “Dietmars Halloweenparty”. Bis zu einer gewissen Personenanzahl setze ich mich gerne mit Freunden zusammen. Auch wenn ein paar von ihnen Alkohol trinken. Ich würde mir wirklich wünschen, dass in meine Einstellung dem Alkohol gegenüber nicht immer so viel reininterpretiert wird. Das stinkt mir nämlich gewaltig. Fast so sehr wie dieses “Wir sind cooler, härter, lockerer und angesagter, weil wir trinken.”. Ich bin übrigens ein ziemlich gepflegter Mensch, weil ich durch meine Käseabneigung niemals unangenehm nach Käse stinken werde. Nur, damit ihr das wisst, ihr ungepflegten Käsefreunde. Wie uncool ihr seid.

Wisst ihr, welche Partys ich niemals besuchen würde? “Dietmar´s Halloween Party” und “Dietmarr´s Halloween Party”. Dies hat grammatikalische Gründe, die bis zum Himmel stinken.

Genürsel 2013 - 20/52 - Gestank

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