Animal Crossing: New Leaf – Bommelns Bürgermeister berichtet – #1

Als ich eines Tages zu Hause saß und es dort nicht mehr aushielt, fasste ich den Entschluss, alles hinter mir zu lassen. Es reichte. Ich hatte einfach genug. Irgendwie schien jeder seine Überzeugung von einem richtigen Lebensstil auf mich übertragen zu wollen. Niemand ließ mich so sein, wie ich sein wollte. “Man wird doch mal fragen dürfen.”, “Ich mache mir ja nur Sorgen.”. Ich konnte es nicht mehr hören. Also klebte ich eine Weltkarte auf ein Hundebaby und bewarf beides mit Dartpfeilen. Als meine Aggressionen selbst nach fünfzehn Pfeilen und drei Hundebabys noch immer nicht nachgelassen hatten, begann ich zu weinen. Die Hundebabys guckten mich verdutzt und tot an, was mich zumindest ein wenig aufheiterte. Ich zog einen Pfeil aus einem der Körper und schaute der austretenden Blutfontäne hinterher. Sie traf meinen 3DS. Ich erkannte sofort, was das zu bedeuten hatte, rannte in die Stadt, erkannte auf halbem Wege, dass es mit der U-Bahn schneller ging, fuhr den Rest der Strecke mit der U-Bahn, erreichte die Stadt und kaufte mir “Animal Crossing: New Leaf”.

Der perfekte Ort, um der Außenwelt zu entfliehen, heißt Bommeln. Zumindest ergab das ein Anruf bei einer genauso dicken wie bunten Dame bei Astro-TV. Da ich den Ort auf keiner meiner durchlöcherten und blutgetränkten Weltkarten finden konnte, stieg ich einfach in irgendeinen Zug ein und fuhr mit diesem in die Richtung, in die er gerade fahren wollte. Ich ließ mich treiben. Ich dachte mir, wenn ich einfach mit allen Zügen der Welt fahre, würde ich irgendwann schon in Bommeln ankommen. Zum Glück hatte ich Recht. Als ich in einem Zug plötzlich von einer Katze angesprochen wurde, wusste ich, dass ich auf dem richtigen Weg war oder im Internet. Letzteres konnte ich nach einem Blick aus dem Fenster ausschließen. Draußen war Wetter und die Katze jammerte nicht darüber. Sie bestätigte sogar, dass ich Bommeln fast erreicht hatte.

Kurze Zeit später betrat ich den Bommelner Bahnhof. Die gesamte Bevölkerung begrüßte mich. Man hatte mich erwartet. Aufgrund eines Missverständnisses hielt man mich für den neuen Bürgermeister. Dass ich dieser nicht war, hielten alle Anwesenden für einen Witz. Man lachte und ich notierte mir gedanklich, mich als Komiker selbstständig zu machen. In Arbeit konnte das definitiv nicht ausarten.

Als Bürgermeister musste ich erst einmal wichtige Pflichten erledigen. Zum Beispiel hatte ich mich der Bevölkerung vorzustellen. Das waren die Kröte Warzi, der Leopard Tim, der Bär Hubert, das Nashorn Maria und das Känguruh Marga. Mittlerweile bin ich eine Woche im Amt und anscheinend mit Erfolg. Bommelns Bevölkerung ist um drei Personen angewachsen. Gorilla Katrin, Nilpferd Herbert und Vogel Twiggy haben sich hier niedergelassen. Aber dazu später mehr. Meine erste Unterhaltung führte ich damals mit Tim, der sich durch seine Wrestlingleidenschaft gleich einen Platz in meinem Herzen eroberte. Ansonsten ist Tim leider ziemlich besessen von Sport und körperlicher Betätigung, was ich nun alles andere als mit ihm teile.

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Was macht man nun den ganzen Tag als Bommelns Bürgermeister? Man hat ein entspannteres Leben als zunächst vermutet. Man kann Bauaufträge erteilen und zum Beispiel Brücken errichten lassen. Wird die Region durch einen ungünstig fließenden Fluss durchschnitten, kann man diesen einfach überbrücken lassen und sich so lange Fußwege drumherum ersparen. Außerdem kann man dafür sorgen, dass die Geschäfte der Stadt früher öffnen oder später schließen. Alternativ verordnet man, dass man für verkaufte Sachen mehr Sternis bekommt oder die Blumen der Stadt nicht mehr verblühen. Man kann das Stadtleben also ganz gut an seinen eigenen Tagesablauf oder seine Leidenschaften anpassen. Früheraufsteher? Nachtmensch? Unzureichende Finanzmittel? Grüner Daumen? Für alles gibt es eine Verordnung.

Aber natürlich muss man sich auch ein wenig an das Verhalten der Bommelner Bevölkerung, ich nenne sie gerne die Bommler, anpassen. Für den einen oder anderen mag das nach Spaßverminderung klingen, ich dagegen freue mich darüber, Bommeln in mein Leben einplanen zu müssen.

Vor ein paar Tagen fand zum Beispiel ein Insektenfangwettbewerb statt. Bis 18:00 Uhr musste man einem hungrig dreinblickenden Chamäleon namens Carleon seine besten Fänge präsentieren. Er schaute sich die Insekten an und behielt sie daraufhin, natürlich nicht um sie zu essen, was er so oft betonte, dass ich mir sicher bin, dass er sie gegessen hat. Für die Insekten bekam man Punkte. Der Bommler mit der höchsten Punktzahl bekam um 18:00 Uhr den goldenen Insektenpokal überreicht. Ich will mich nicht selbst loben, aber ich war ziemlich gut. Als mir ein Vogelflügler über den Weg flatterte, zögerte ich nicht lange und schlug mit meinem Kescher zu. Ich war selbst überrascht, dass mein Hieb das Tier nicht zerfetzte und brachte es daraufhin zu Carleon. Dieser war überwältigt und gab mir 100 Punkte! Zuvor stand Warzi noch auf dem Siegertreppchen, doch seine knapp über 70 Punkte hatte ich mit meinem Fang weit übertroffen. Ich begab mich zurück in meine Wohnung, überlegte, wo ich den in einem Baum gefundenen Bürostuhl abstellen sollte und beschäftigte mich bis 18:00 Uhr mit anderen Dingen.

Pünktlich zum Turnierende betrat ich das Zelt zur Siegerehrung. Siegessicher. Wenige Sekunden später konnte ich nicht mehr klar denken. Nicht ich stand auf dem ersten Platz, sondern Maria. Mit einem Vogelflüger. Das gleiche Tier, das ich eingereicht hatte. Nur hatte Carleon ihrem nicht 100, sondern 102 Punkte gegeben. 102 Punkte. Zwei mehr als ich bekommen hatte. Maria freute sich über den Pokal. Ich applaudierte und gratulierte ihr zum gewonnenen Pokal und Erzfeind. Habe ich schon erzählt, dass man als Bürgermeister Bevölkerungsmitglieder aus der Stadt werfen kann? Ich war kurz davor, meine Macht zu missbrauchen, wurde dann aber eines Besseren belehrt. Dank Hubert.

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Hubert würde ich mittlerweile zu meinen besten Freunden zählen. Er kam am Tag der Insektenkontroverse zu mir und erzählte von einem Spitznamen, den er sich für mich ausgedacht hatte. Dieser lautete “Bäckchen”. Ich konnte zwar überhaupt nicht verstehen, wieso dieser Name zu mir passen sollte, da ich mir aber weitaus schlimmere Spitznamen ausdenken konnte, erlaubte ich Hubert, mich von nun an so zu nennen. Mittlerweile nennen mich zwei weitere Bommler Bäckchen. Das “Warum” kann ich zwar immer noch nicht beantworten, dafür habe ich Hubert aber dazu gebracht, als Lebensmotto “Gebomml” zu sagen, was er nun begeistert an fast jeden seiner Sätze anhängt. Maria hatte mich eines Tages auch nach einem neuen Lebensmotto gefragt. Ich schlug ihr scherzhaft “Mrs Insekt” vor, was sie lachend annahm und mir nun täglich ins Gesicht sagt, um mir ihren Sieg vorzuhalten.

Wen ich noch ein wenig um Auge behalten will, ist Warzi. Der hat sich eines Tages als Anführer des Untergrunds von Bommeln bezeichnet. Das klingt nun nicht gerade beruhigend. Aber andererseits hat er mir vor ein paar Tagen von seinem Verdacht erzählt, unter dem Rathaus würden Monster wohnen, die allen Bommlern ihre Megafone klauen. Manchmal schaut er auch ganz böse, wenn ich seine Wohnung betrete und betont, dass ich alles dort stehen lassen soll wo es ist. Er redet von einer Ordnung, die ich nicht sehen kann. Was auch immer das bedeutet, seinen Bonsai hat er trotzdem gegen meine Schubkarre getauscht. Warzi ist schwer einzuschätzen. Was bei Maria definitiv nicht der Fall ist. Sie weiß, wie sehr mich ihr Sieg getroffen hat. Darum bat sie mich auch eines Tages darum, ihr einen ganz besonderen Schmetterling namens “Rajah Brooke” zu fangen. Sie meinte, ich sei gut darin, Schmetterlinge zu fangen. Hinterlistiges Nashorn. Ich fing das Tier in Rekordzeit (es war übrigens grün wie ein Vogelflügler) und hielt es ihr hin. Sie bedankte sich und schenkte mir ein rotes Ledersofa. Ich brachte das Sofa zu Björn in die Fundgrube und ließ es grün einfärben. Grün wie ein Vogelflügler.

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Vor wem ich mich in nächster Zeit fernhalten werde, ist Marga. Die Känguruhdame war in den letzten Tagen auffallend oft von Flöhen befallen. Zwar half ich ihr stets mit einem gezielten Kescherschlag, dennoch schien diese Reinigung nie lange anzuhalten. Wer weiß, wo Marga sich rumtreibt. Dabei redet sie andauernd über Mode und hat bereits zweimal ihre Kleidung gewechselt. Dass sie mir danach immer ihre alten Klamotten schenkt, ist zwar eine nette Geste, kann aber auch schnell falsch verstanden werden. Tim hat mir außerdem erzählt, dass sie sich immer mit Twiggy unterhält. Worüber weiß er nicht. Aber es soll oft passieren. Ob sie über mich reden? Machen sie sich über meinen zweiten Platz lustig?

Eigentlich will ich mir ja nicht über solche Intrigen Gedanken machen und um ehrlich zu sein, habe ich nichts gegen Marga und Twiggy. Marga trägt auch immer ihr Kind in ihrem Beutel spazieren. Da würde sie doch niemals mit Twiggy böse über andere Leute herziehen. Beide Bommler haben ihre Macken aber wer hat das nicht? Ich laufe zum Beispiel jeden Tag mit einer Schaufel bewaffnet durch Bommeln und grabe alles aus, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Was bei drei auf den Bäumen ist, ist natürlich auch nicht vor mir sicher. Nach der Schaufeltour folgt die Baumtour, während der ich einmal jeden Baum in Bommeln schüttel, um wertvolle Gegenstände zu ergattern. Während meiner heutigen Runde erschüttelte ich mir zwei Möbel und 1.600 Sternis. Leider stieß ich auch auf vier Bienenstöcke, deren Insassen sich sofort über mich hermachten. Aber was ist schon ein zerstochenes Gesicht, wenn man zwei neue Möbel in die Wohnung stellen kann?

Um noch einmal kurz aufs Graben zurückzukommen: Einmal stieß ich auf eine vergrabene Falle. Hätte ich sie nicht bemerkt sondern betreten, wäre ich in ein Loch gefallen. Wer auch immer die Falle vergraben hat, hatte nichts Gutes im Sinn. Vielleicht war es Warzi? Sind das die ersten Zeichen des Untergrunds? Will man mich in den Untergrund zerren und mir so ein Zeichen geben? Bevor ich mir weiter über politische Intrigen den Kopf zerbrechen konnte, vergrub ich die Falle vor Marias Haustür.

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Wenn ich dann doch mal genug von Bommeln habe, begebe ich mich an den Steg am Strand und fahre mit Käpten auf die nahegelegene Insel. Auf dieser hat sich Herr Törtel, der ehemalige Bürgermeister Bommelns, niedergelassen und ein wahres Unterhaltungsimperium aufgebaut. Auf der Insel kann man alle möglichen Spiele wie Verstecken, Möbeljagd, Ballonschießen, Krabbentauchen, Zwillingssuche oder Insektenjagd spielen. Wer Wert auf Unterhaltung und Wettbewerbe legt, kommt hier auf jeden Fall auf seine Kosten. Durch die Spiele kann man Medallien gewinnen, mit denen man wiederum Gegenstände kaufen kann, die es nur auf der Insel gibt. Man findet hier auch unzählige neue Obst- und Tiersorten, die man in Bommeln vermutlich nie oder nur schwer finden würde. Auf der Insel habe ich schon so viel Zeit verbracht, dass ich mich hin und wieder daran erinnern muss, Bommeln nicht zu vernachlässigen. Mittlerweile habe ich diesbezüglich aber einen angenehmen Mittelweg gefunden. Getreu dem langweiligen Motto “Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.” erledige ich immer zunächst alle wichtigen Arbeiten in Bommeln und begebe mich erst danach auf die Insel, um zu spielen und abzuschalten.

Und zu tun gibt es immer etwas. Gerade habe ich mir vom Immobilienmakler Tom Nook einen Keller einrichten lassen. Ich hörte, dass Nook früher das Einkaufszentrum Bommelns geleitet hat, mittlerweile haben aber seine Söhne Nepp und Schlepp diese Aufgabe übernommen. Nook vergrößert und verschönert nun hauptberuflich Häuser. Ich habe ein neues Grasdach, einen neuen Holzzaun und einen neuen Briefkasten gekauft. Ein bisschen auf das Äußere zu achten, hat noch niemandem geschadet. Pleite wird Nook in nächster Zeit definitiv nicht gehen. Jetzt geht es an die Planung des Kellers. Heute Abend trage ich das grüne Ledersofa nach unten, danach folgen noch der Pokal und ein eingefangener Vogelflügler. Der Keller wird mein kleines privates Reich, das mich für immer an meinen größten Fehlschlag in meiner Karriere als Bürgermeister Bommelns erinnern soll. Und an Maria.

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Die schönsten Geschichten schreibt nicht nur das Leben. Auch “Animal Crossing” kann das ganz gut. Mal sehen, was mich als nächstes erwartet.

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