Der Vorteil daran, im Dezember einen Text zu schreiben, ist der, dass man ihn immer mit einleitenden Worten über Weihnachten beginnen kann, ohne sich einen Mangel an Kreativität vorwerfen lassen zu müssen. Man möchte schließlich mit dem Trendstrom schwimmen und ein wenig am weihnachtlichen Wohlfühlgeruch riechen. Das finde ich toll.
Ebenso geruchsintensiv wie die Weihnachtszeit sind die Toilettensitzungen, die ein durchschnittlicher Mensch am Tag so hinter sich bringt. Ich möchte hier diesbezüglich aber nicht zu tief in die Materie eindringen, schließlich erledigt das bereits ein treuer Begleiter für den sich entleerenden Menschen. Das Toilettenpapier.
Toilettenpapier ist ein Gegenstand, den man in jedem Haushalt anzutreffen hofft, der aber trotzdem ein unbeachtetes Leben führt. Alle paar Stunden freut man sich, es sehen zu dürfen, nach kurzer Zeit hat man es aber schon wieder vergessen. Dachte ich zumindest. Denn vor wenigen Tagen durfte ich in einem sich ironischer weise selbst als “Wissenschaftsmagazin” bezeichnenden Fernsehformat beobachten, wie sich ein paar offensichtlich unterbezahlte Reporter auf die Straße stellten und nichtsahnende Passanten befragten, ob sie den Unterschied zwischen drei- und vierlagigem Toilettenpapier ertasten konnten.
Ich fand es faszinierend, dass in Zeiten einer Wirtschaftskrise und den dadurch panisch herumrennenden Menschen, die nicht wissen, was sie nun mit ihrem nicht vorhandenen Geld machen sollen, tatsächlich eine Stunde lang ein solches Thema breitgetreten werden kann. Andererseits waren die Passanten vermutlich froh, sich die verschwitzten Finger an einem Stück Toilettenpapier abzuwischen. Wie viele Lagen es hatte, war in diesem Moment aber egal. Was die Reporter wiederum nicht interessierte. Sie bohrten mit abgrundtief uninteressanten Fragen in den Köpfen Anderer herum und irgendwann sagte mir mein eigener Kopf, dass er sich lieber auf andere Dinge konzentrieren würde. Ich gestattete ihm die Umkonzentration auf ein Stück Holz, das auf der Straße vor meinem Fenster lag und gab mich interessiert diesem viel berauschenderen Anblick hin.
Als ich dann einige Zeit später in einem Supermarkt stand, durfte ich schockiert feststellen, was das Fernsehen angerichtet hatte. Ich lief bei den Toilettenpapierstapeln vorbei und erinnerte mich tatsächlich wieder an die Sendung. Leider vergisst man dumme Dinge dieser Art nur sehr schwer und das Fernsehen weiß, wie man diese menschliche Eigenschaft ausnutzen kann. Doch genug davon. Schließlich geht es hier um Toilettenpapier.
Wie ich so durch die Papierhaufen watete, bemerkte ich eine interessante Verpackung. Auf ihr blicken kleine Hundebabys in meine Richtung und winkten den potenziellen Kunden erwartungsvoll entgegen. Als ich mir das Papier genauer ansah, erblickte ich auf diesem ebenfalls die lieben Hundewelpen. Ich stellte mir selbst die Frage, ob die armen Tierchen überhaupt wussten, wo sie ihren Lebensabend verbringen würden. Wussten sie, wo sie enden würden? Und wussten sie, dass sie zum Schluss alles andere als das berühmte Licht am Ende des Tunnels erblicken würden?
Wie kann man nur Toilettenpapier mit süßen Tierbildern bedrucken? Oder besser: Hat keiner der Benutzer ein schlechtes Gewissen, wenn er das Papier benutzt? Kann man dem Papier guten Gewissens in die Augen sehen? Ich kann es nicht. Sehe ich Papier dieser Art (und es gibt erschreckend viel davon) schaue ich weg und versuche, mich irgendwie abzulenken. Es ist schrecklich.
Würde ich Toilettenpapier herstellen, gäbe es für mich nur zwei Arten der Bedruckung. Nein. Eigentlich drei. Aber die dritte Druckart wäre, das Papier nicht zu bedrucken. Und das zählt nicht. Die Einfachste Art des Toilettenpapierbedruckens wären ein paar “Formen”. Wellen, Kreise, Quadrate und so weiter. Man hat Farbe, es sieht gut aus und ist vor allem Neutral. Wer sowas zu langweilig findet, sollte meine nächste Alternative nehmen: Hässliche Motive. Eine hässliche Monsterfratze lädt doch zur ausgiebigen Papierbenutzung ein. Hier könnte man auch auf Firmenlogos oder ähnliches zurückgreifen. Probleme mit dem Telefonanschluss? Einfach das Toilettenpapier des Herstellers kaufen und schon kann man sich den angestauten Frust aus der Magengegend kratzen. Beschwerdehotlines würden es einem danken.
Leider hört niemand auf mich. Es gibt ein paar wenige Scherzartikel, die auf eine oben beschriebene Bedruckung zurückgreifen. Ich erinnere mich noch heute an den auf Toilettenpapier bedrucken Englischkurs mit Vokabeltrainig, Aussprachehilfen und Lückentexten. In meiner Schulzeit wollte ich mein Englischbuch schon immer für das Säubern meines Hinterteils verwenden. Nun durfte ich es endlich ohne schlechtes Gewissen tun. Danke. In der Regel stößt man dann aber doch auf Tierbabys.
Und auf eine weitere Sache, die ich nicht ausstehen, geschweige denn nachvollziehen kann: Toilettenpapier mit Geruch. Zu Weihnachten sah ich tatsächlich Toilettenpapier mit Zimtgeruch. Ich konnte es nicht glauben, gleichzeitig musste ich aber laut auflachen, als ich mir diverse Dialoge vorstellte, die sich in einigen Haushalten aufgrund des Papiers abspielen würden.
“Hallo Jutta! Oh, wie ich rieche, backst du Plätzchen!” “Plätzchen? Oh nein. Hans kackt.”
Oder auch:
“Hallo Jutta! Oh, wie ich rieche, hast du ein neues Deo?” “Deo? Oh nein. Ich war kacken.”
So ging das noch stundenlang weiter. Ich lachte über nach Zimt riechende Toiletten und wie sich der Zimtgeruch nach dem Toilettengang mit den auf natürlichem Wege entstandenen Gerüchen vermischte und so das Haus weihnachtlich erfüllten. Hat man sich erst einmal an das Zimtpapier gewöhnt, spürt man sicherlich beim Öffnen von Keksdosen oder dem Besuch auf dem Weihnachtsmarkt ständig den Drang, auf die Toilette gehen zu müssen.
Bevor ich jetzt aber noch über pubertäre Themen wie “Zimtstangen” schreibe, möchte ich den Text an dieser Stelle auch wieder beenden. Ich bin gespannt, was das neue Jahr für Toilettenüberraschungen bereit halten wird. Ich freue mich schon jetzt über Toilettenpapier mit Pfefferminzgeruch, das man während einer Sitzung in heißes Wasser tunken kann, um sich so einen wärmenden und beruhigenden Tee herzustellen. Frisch gepresst sozusagen.