Die Regeln des Twitter-Würfelns sind ganz einfach. Ich würfel nacheinander neun Story-Cubes und schreibe anschließend eine Geschichte bestehend aus neun Tweets. Jeder Tweet bezieht sich auf einen Würfel. Die Reihenfolge der Würfel ist die, in der ich sie gewürfelt habe. Ich darf die Reihenfolge der Würfel nicht mehr ändern. Das war es auch schon. Wer die Geschichten live verfolgen möchte, kann das auf Twitter machen. Um die Texte irgendwo zu sammeln, packe ich sie zwei Wochen nach Erscheinen auf diese Seite.
Ein Zelt im Garten
1/9 Normalerweise nahm man ja ein Messer mit zum Zelten. Aber heute war das nicht nötig. Der Zeltplatz war nicht weit. Um genau zu sein, befand er sich im Garten hinter dem Haus. Weiter schaffte er es leider nicht mehr. Und sie wollte ihn nicht quälen. Es war ihre letzte Nacht.
2/9 Sie trug ihn ins Zelt. Er hatte sich immer darüber gefreut, wenn er sah, wie sie das Zelt ins Auto packte. Er hatte gewusst, dass dies das Zeichen für ein spannendes Wochenende war. Er ging wirklich wahnsinnig gerne zelten. Darum tat sie es auch heute. Nur eben im Garten.
3/9 Als sie das Zelt verschloss, es um sie herum dunkel wurde und nur noch wenig Licht durch das Fliegengitter hineinkam, hörte sie ihn atmen. Es war ein leises, ruhiges Atmen. Nur hin und wieder wurde er unruhig, wenn die Medikamente kurz den Kampf gegen die Schmerzen verloren.
4/9 In diesen Momenten tastete sie in der Dunkelheit nach ihm. Er lag neben ihr auf der Seite, streckte die Pfoten von sich. Und schmatzte, wenn sie seinen Bauch oder Kopf kraulte. Das hatte er schon immer getan. Wenn es ihm gut ging. Eigentlich ging es ihm gerade gar nicht gut.
5/9 Immer, wenn sie kurz davor war, einzuschlafen, kam es ihr so vor, als würde sie ihren Körper verlassen. Als würde sie wegfliegen und das Leid, die Trauer und alles andere hinter sich lassen. Wegfliegen. Den Planeten verlassen. Natürlich konnte sie das nicht. Er brauchte sie.
6/9 Sie schüttelte die Müdigkeit ab und fiel zurück zur Erde, landete in einem Baum, kletterte hinunter und legte sich zurück zu ihm. Gerne hätte sie ihm einen Ast mitgebracht. Er hatte immer gerne mit Ästen gespielt. Mittlerweile war er dafür aber zu schwach. Keine Äste mehr.
7/9 Am Morgen ging sie zurück ins Haus und holte sein Essen. Sie fütterte ihn im Zelt. Er hatte mehrmals versucht, aufzustehen, es aber nicht geschafft. Immer, wenn er sie sah, wedelte er mit dem Schwanz. Sie kraulte ihn. Redete mit ihm. Bedankte sich. Dann hob sie ihn auf.
8/9 Er fuhr gerne mit ihr Auto. Neue Orte erkunden, bekannte nach Neuigkeiten absuchen. Rausgucken. Autos anbellen. Diesmal bellte er nicht. Er lag auf dem Rücksitz. Mal wach, mal schlafend. Am Ziel angekommen, hob sie ihn hoch und ging in das Gebäude. Hinaus kam sie alleine.
9/9 Sie ließ sich einfach treiben. Alles bewegte sich in Zeitlupe. Irgendwann war sie zu Hause. Die Leine hing noch an der Garderobe. Sie legte sich ins Bett. Dann grinste sie. Sie hatten eine wundervolle Zeit gehabt. Dann weinte sie. Sie hatten eine wundervolle Zeit gehabt.