Ich habe es schon wieder getan. Obwohl ich es besser wissen sollte, habe ich eine Rezension verfasst. Dabei wollte ich doch damit aufhören. Verdammt. Wie konnte das passieren? Ich kenne doch meine Schwäche. Was für Superman Kryptonit, ist für mich das Verfassen einer Rezension. Meine Ideenmuskeln werden schwächer, mein Formulierungsblick erzeugt keinerlei Unterhaltungshitze mehr und das leichte Fliegen durch Wortwolken verwandelt sich in ein stockendes Waten durch Schreibsand.
Dabei wollte ich doch nur über die drei Bücher schreiben, die ich in letzter Zeit gelesen habe. Ein paar Worte über ihren Inhalt verlieren, ihre Wirkung auf mich beschreiben und das Thema damit auch schon wieder beenden. Aber was kam dabei heraus? Gähnende Langeweile. Warum? Weil ich genau das tat, was ich mir vorgenommen hatte! Ich produzierte das, was man heutzutage eine Rezension nennt. Oder “Review”, wenn wir uns dem verbreiteten Englischtrend annähern möchten. Nein, Moment. Das möchte ich ja gar nicht. Hinfort, böser Gedanke, krieche zurück in das stinkende Abflussrohr, aus dem du gekrochen kamst! Und nimm meine Buchrezensionen mit!
Natürlich habe ich nichts gegen gewöhnliche Rezensionen einzuwenden. Wenn man sich über ein Buch informieren möchte, dann helfen einem diese Objektivitäten (schnell überflogen) natürlich weiter. Wenn man sich über ein Buch informieren möchte. Über meine letzten Anschaffungen habe ich mich nicht informiert und hatte tolle Leseerlebnisse. Im Grunde reichen mir Inhaltsangaben auf Buchumschlägen, um mir ein Bild von einer Geschichte machen zu können. Problematisch wird es natürlich immer dann, wenn die Inhaltsangabe durch Zitate aus Rezensionen ersetzt wurde. “Ein Meisterwerk der Buchstabensuppenfischerei!” sagt natürlich gar nichts aus. Aber ein solches Buch muss man dann ja auch nicht kaufen. Es sei denn, man kennt und schätzt den Autor. Oder ein Freund hat es empfohlen. Sollte ich hier überhaupt über Bücher schreiben? Ist ja irgendwie nicht gerade trendgerecht. Wer liest heutzutage schon noch Bücher? Dafür ist gar keine Zeit mehr. Zudem gibt es Hörbücher. Zum Glück! Die vermitteln eine Geschichte viel besser, als es die gedruckte Vorlage jemals könnte! Weil man sie nebenbei hören kann. Und heutzutage macht man alles nur noch nebenbei. Bücher sind blöd. Oh, nein, Entschuldigung, schon wieder ein Fehler von mir. Das stimmt ja alles gar nicht. Wer auf die Frage “Was hast du zuletzt gelesen?” mit “Ich habe Hörbuch X gehört.” antwortet, wird von mir nicht mehr ernst genommen. “Was hast du gestern im Restaurant bestellt?” “Ein Wasser. Das konnte ich beim Gehen trinken.” Ich mag Bücher. Ich liebe sie sogar!
Ich liebe sie so sehr wie meine objektiven Rezensionen nicht. Warum? Ganz einfach: Wenn ich etwas mag, dann will ich natürlich darüber schreiben. Aber nicht objektiv. Ich kann nämlich nur schwer objektiv bleiben. Ich will auch gar nicht objektiv bleiben. Das macht doch gar keinen Spaß. “Es geht um Personen, die etwas machen. Das ist ganz interessant, manchmal aber auch nicht. Und dann passiert etwas, was die Handlung vorantreibt. Die Charaktere sind auch toll. Aber nicht alle. Und das Ende ist ganz gut.” Eine solche Rezension kann ich jederzeit schreiben. Sogar mit verbundenen Augen, was das Leseerlebnis auf jeden Fall verbessern dürfte. Aber wie schon gesagt: Das macht mir keinen Spaß. Für Texte dieser Art habe ich zudem vor einiger Zeit ein Jahresabonnement einer Computerspielezeitschrift gewonnen. Was da so alles drin steht, zieht mir meinen subjektiven Teppich unter den Käsefüßen weg. “Die Grafik ist ganz gut. Die Steuerung auch. Hin und wieder weiß der Ton zu begeistern. Der Grünanteil im Waffendesign ist aber etwas unausgewogen. Und zudem muss man, um das Hauptmenü zu erreichen, nicht mehr nur eine, sondern zwei verschiedene Tasten drücken. 67 Punkte von 100 Punkten.” Aha, spannend. Wird die Waschmaschine geliefert oder muss ich sie selbst abholen? Und könnte mal jemand mein Bad putzen? Mir war gerade so langweilig, dass ich mich zur Ablenkung übergeben habe.
Mittlerweile lese ich keine Zeitschriften dieser Art mehr. Außer die Abonnierte natürlich. Ich finde sie, wie schon gesagt, furchtbar langweilig. Sogar so langweilig, dass ich tatsächlich, wie jeder andere Schreiber auch, das Adjektiv “furchtbar” benutzt habe, um die Langeweile zu beschreiben. Und das Wort “langweilig” könnte ich zur Verstärkung des tristen Eindrucks auch noch einmal wiederholen: langweilig.
Was erwarte ich von einer Rezension? Subjektivität! Ich möchte, dass der Autor seine Gefühle beschreibt. Mich interessiert doch nicht der Detailgrad einer Grafikengine! Ich möchte beim Lesen etwas über den Autor erfahren. Seine Vorlieben kennenlernen, diese mit meinen vergleichen und daraufhin abschätzen, ob mir das Spiel auch gefallen könnte. Spielt der Verfasser die gleichen Spiele wie ich? Haben wir einen vergleichbaren Humor? Schafft er die härtesten Spielabschnitte bei Handheldspielen auch nur auf der Toilette? Das sind Dinge, die für mich eine gute Rezension ausmachen. Warum schreibe ich gerade eigentlich über Videospiele? Sollte es sich hier nicht um Bücher drehen?
Ich finde es zudem großartig, wenn der geschriebene Text etwas Besonderes bietet. Ich möchte keine an eine öde Nebelwand angebrachten Gähnthesen lesen, die sich an Rezensionstextvorlagenlianen entlanghangeln und dabei wie Tarzan immer das gleiche Formulierungsgebrüll von sich geben. Warum verpackt man eine Rezension nicht als Geschichte? Man kann Lob und Kritik auch anders vermitteln, als über eine Strichliste mit der Überschrift “Lob und Kritik”. Natürlich ist das sehr viel verlangt. Eine gewöhnliche Rezension ist schneller geschrieben und wird vermutlich auch von mehr Lesern geschätzt (und gelesen) als ein über mehrere Tage verfasstes Gedicht. Und hin und wieder hat man auch gar keine Lust auf anspruchsvolle Textkost. Manchmal will man sich tatsächlich nur oberflächlich informieren. Das weiß ich ja alles. Aber dieser Text ist genauso subjektiv wie die von mir geforderten! Ich freue mich über jede Form der Abwechslung, ignoriere Eintönigkeit und lebe gut damit.
Lediglich meine eigene Schwäche für langweilige Texte macht mir hin und wieder einen Strich durch die Rechnung. Ich versuche stets, gewöhnliche Rezensionen zu vermeiden. Schreibe ich über Videospiele, gestalte ich dies wie ein Interview und über Filme schreibe ich lediglich chaotische Geschichten, in denen ich die Inhalte mehrerer Filme in einen Mixer werfe und so das produziere, was sich Arnold Schwarzenegger zu Beginn von “End of days” als Frühstück zubereitet. Aber leider falle ich hin und wieder dann doch in einen großen Topf voller Einheitsbrei und schreibe öde Rezensionen. In Internetforen zum Beispiel. Obwohl es mir so schwer fällt. Einen Tag später ärgere ich mich dann über mich selbst und schlage meinem Klon ins Gesicht. Wie Schwarzenegger in “The 6th day”.
Ich mag Filme mit Arnold Schwarzenegger. “End of days” war ganz gut. Die Charaktere waren lustig. Aber nicht alle. Und am Ende passierte was. “The 6th day” war aber besser. Wegen dem Klon. 77 von 100. Es sei denn, man mag das. Dann nur 12.