Oft werden Verfasser von irgendwelchen Texten gefragt, wie sie auf die ganzen Ideen für ihre Geschichten gekommen sind. Ich bin mir ziemlich sicher, dass fast alle Leute, die diesen überaus nervigen und blödsinnigen Fragen ausgesetzt sind, von diesen ebenso genervt sind, wie ich.
Erst einmal wäre man natürlich schön dumm, jedem zu verraten, wo man seine Ideen her hat. Man kann doch nicht einfach so rausposaunen, wo man seine ganzen tollen Formulierungen und Wortwitze geklaut hat! Nachher sind alle nur noch am klauen und nichts ist mehr mit Geldverdienen durch Ideen Anderer. Irgendwann würde es in der Branche der Schreiberlinge genauso chaotisch zugehen wie bei den Mitgliedern der Musikbranche, wo jeder Volltrottel, auch wenn er nicht singen kann, dieses versucht, dabei scheitert und gerade deswegen so verdammt viel Kohle verdient.
Ein weiterer Grund dafür, warum man von dieser Fragerei so genervt ist, ist aber die Tatsache, dass man durch die Frage noch einmal daran erinnert wird, wie einem diese ganzen Ideen gekommen sind. Bei mir kommen diese Geistesblitze nämlich immer genau dann, wenn ich sie mal wieder absolut nicht haben möchte.
Ein beispielhafte Ort für diese Art der nervigen Ideenbekommung ist die Toilette. Da sitzt man gerade auf dem Topf, freut sich, dass nach einer scheinbar endlosen Presskampagne endliche die Kacke am dampfen ist und genau in dem Moment schießt einem ein Gedanke in den Kopf wie der Pfeil eines amoklaufenden Indianers, der mitten bei einer Modenschau seine Brille vergessen hat und plötzlich all diese dürren Models mit kranken Gazellen verwechselt und sich dadurch innerlich zur sofortigen Notschlachtung derselben aufgerufen fühlt. Der Vergleich hinkt zwar etwas, aber ich bin ja nicht hier um zu vergleichen, sondern um zu unterhalten.
Was ich mit diesem Beispiel eigentlich sagen möchte ist, dass einem komischerweise immer genau dann die Ideen für tolle neue Kolumnen oder von mir aus auch Geschichten kommen, wenn man absolut keine Möglichkeit hat, sich diese irgendwo zu notieren geschweige denn die Möglichkeit hat, sich auf sie zu konzentrieren.
Ich habe auch schon versucht, dem vorzubeugen. Früher kamen mir diese ganzen tollen Ideen immer genau dann, wenn ich mich gerade des Nachts zu Bette gelegt hatte, um dort meine wohlverdiente Ruhezeit abzuleisten. Doch kurz bevor ich mich dann voll und ganz dem Land der Träume hingab, kam mir ein Gedanke, den ich überaus genial und deswegen auch unbedingt in eine Geschichte von mir packen wollte.
Nach etwa einem 30 minütigen geistigen Monolog mit mir selbst kam ich aber zu dem Entschluss, diese geistige Selbstdiskussion am nächsten Morgen weiterzuführen, wo ich mir das ganze dann aber auch aufschreiben würde, um es nicht zu vergessen. Wie sich alle halbwegs intelligenten Leute, die das hier lesen, sicher vorstellen können, hatte ich am nächsten Morgen absolut keine Ahnung mehr, worüber ich ein paar Stunden zuvor noch nachgedacht hatte. Ich wusste zwar, dass es was verdammt cooles gewesen sein musste, aber was genau das war, wollte mir einfach nicht mehr einfallen.
Ich weiß natürlich nicht, ob das jetzt normal ist, aber ich nehme einfach mal an, dass dem so ist. Warum ich das annehme? Nun, wenn ich dieses schnelle Vergessen von Dingen nicht als normal bezeichnen würde, müsste ich deswegen zum Arzt gehen und dieser würde mir dann sagen, dass etwas mit meinem Gehirn nicht stimmt und diesen Umstand dann beseitigen wollen. Und das würde vermutlich irgendwelche Therapien mit sich führen, für die ich aber schlicht und ergreifend einfach zu faul bin. Und somit finde ich mich einfach mit meiner relativ hohen Sterblichkeitsrate bezüglich meiner plötzlich eintretenden Gedanken ab und lebe weiter wie bisher.
Um die Zahl der verschwundenen Gedanken aber auf ein Minimum zu reduzieren, hatte ich mir von nun an immer einen Stift und ein Blatt Papier griffbereit neben mein Schlafgestell gelegt, um meine geistreichen Einfälle so schnell wie möglich auf Papier bringen zu können. Aber natürlich kam alles anders und seit ich diese kleine Vorkehrung getroffen habe, kommen keine dieser indianischen Notschlacht-Pfeile auch nur in die Nähe meines Gehirns.
Dafür eben umso öfter in Situationen, in denen ich nichts zu schreiben dabei habe. Beim Auto fahren zum Beispiel. Und bis ich es erst einmal geschafft habe, irgendwo rechts ran zu fahren ohne Passanten, andere Verkehrsteilnehmer oder freilaufende Tiere in Gefahr zu bringen, wurde mein Gehirn schon von so vielen anderen von Panik angetriebenen Gedanken überflutet, dass der Pfeil unter all dem anderen angeschwemmten Treibgut nicht mehr zu finden ist.
Es würde jetzt wohl endlos lange dauern, all diese Orte aufzuzählen, an denen mir diese überaus nervigen Geistesblitze kommen. Ich hoffe aber, dass ich all den Reportern da draußen mal erklären konnte, warum so viele Leute so gereizt auf diese Fragen nach dem Bezugsort ihrer Ideen reagieren. Denn wer möchte schon daran erinnert werden, wie ihm, während er aufgrund eines ziemlich unangenehmen Anfalls von Brechdurchfall gleichzeitig mit der Toilette und einem großen Eimer beschäftigt war, die Idee zu einem neuen Liebesroman kam? Oder einem in gleicher Situation ein super Abschluss für seine Kolumne über die Auswirkungen der heutigen Politik auf den Gesundheitszustand der Menschen eingefallen ist?
Viele werden sich jetzt sicher fragen, wieso ich andauernd über Toiletten spreche. Das hat den ganz einfachen Grund, dass ich, kurz bevor ich anfing, diese Kolumne hier zu schreiben, einen riesigen Teller mit frittierten Kartoffeln gegessen habe, der mir wohl irgendwie nicht so gut bekommen ist, weswegen ich bereits dreimal auf der Toilette war. Das kann schon nerven, sorgt aber, wie man sieht, für unglaublich tollen Gesprächsstoff und ist der perfekte Lückenfüller für Kolumnen, die ohne diese unglaublich unangenehmen Situationen ziemlich kurz geraten wären.
Bleibt mir nur noch zu hoffen, dass ich dieses kleine Magenproblem schon bald wieder unter Kontrolle habe und ich hoffentlich bald auch mal wieder neue Gesprächsthemen für meine Kolumnen habe. Denn andauernd das Thema Toiletten anzubringen kann schon ganz schön auf den Magen schlagen. Aber was soll man machen… man lebt eben mit seinen Texten.