Genürsel 2013 – 42/52 – Möbel

Genürsel 2013 - 42/52 - Möbel

Zunächst möchte ich mich dafür entschuldigen, dass “Animal Crossing: New Leaf” es jetzt auch schon in meine Genürselreihe geschafft hat. Vermutlich gibt es hier einige, die das Spiel nicht mehr sehen können, dennoch kann ich einfach nicht anders, als das gezogene Wort auf “Animal Crossing” zu beziehen, denn dieses Spiel hat mir gezeigt, wie langweilig wir Menschen mit unseren Möbeln umgehen.

Wir kaufen Möbel, um sie in die Wohnung zu stellen und dort stehen zu lassen. Am besten so lange wie möglich. Natürlich ist das jetzt eine sehr verallgemeinerte Aussage aber wo kämen wir denn hin, wenn man diese verbieten würde. Viele Möbel in meiner Wohnung stehen hier schon viele Jahre. Der Wohnzimmerschrank kam mit dem Umzug und blieb seit dieser Zeit an Ort und Stelle stehen. Natürlich wurden hin und wieder andere Dinge in ihn gestellt oder aus ihm herausgenommen, der Schrank selbst wurde dabei aber nie verrückt.

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Dass ein Schrank verrückt wird, ist übrigens selten. Meistens können sie sich zusammenreißen, sind bodenständig und verlieren nur selten die Kontrolle über sich. Nur wenige Psychologen können Geschichten über verrückte Schränken erzählen, die plötzlich vor der Praxistür standen, heulten und den Patienten das Verlassen der Praxis unmöglich machten. Bevor ich jetzt aber diesen blöden Gedanken weiterverfolge, komme ich dann doch lieber wieder zu den Möbeln in “Animal Crossing”.

Hier sind Möbel die zweite Währung. Gleich eine Anmerkung: In “Animal Crossing” spielen nicht nur Möbel, sondern auch Kleidungsstücke eine wichtige Währungsrolle, letztere möchte ich an dieser Stelle aber einfach ignorieren, das Kleiderhandel bei uns ebenfalls vorgenommen wird. So gibt es zum Beispiel bereits bei vielen Sportarten den Trikottausch. Leider nicht beim Wrestling. Einen Höschentausch zwischen Randy Orton und John Cena würde ich mir wirklich gerne mal aus der… wo war ich?

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Meine “Animal Crossing”-Stadt heißt, wie mittlerweile bekannt sein sollte, Bommeln. In Bommeln leben neben mir zehn andere Lebewesen. Hin und wieder kommt es vor, dass mich diese um einen Gefallen bitten. Zum Beispiel kann es passieren, dass sie mich darum bitten, ihnen einen Salzwasserfisch zu fangen. Erledigt man dies, hört sich der Dank etwa so an: “Danke für den Fisch. Zur Belohnung erhältst du diese Toilette.” Bevor ihr jetzt denkt, das sei erfunden: Falsch gedacht. Dies geschah wirklich. Ich tauschte einen Fisch gegen eine Toilette. Ich weiß bis heute nicht, wer hier jetzt den besseren Tausch gemacht hat. Aber ich will ehrlich gesagt auch nicht länger darüber nachdenken.

Es gibt noch viele andere Möglichkeiten, in Bommeln an Möbel zu kommen. Ein paar Beispiele:

– Ein Bewohner sieht, dass man einen Royalstuhl dabei hat. Er bietet einem dafür eine Fackel an.
– Ein Bewohner hat einen Gartenstuhl gekauft, obwohl er genau diesen bereits besitzt. Entweder verschenkt er ihn, oder er verlangt Geld (Sternis) dafür.
– Man bekommt ein Möbelstück einfach so geschenkt. Weil der Bewohner einen mag oder weil er meinte, es würde so gut zu einem passen.
– Man lädt einen Bewohner zu sich nach Hause ein. Er sieht sich um, geht nach Hause und einen Tag später landet ein Brief mit Anhangsmöbel im Briefkasten.

Das sind noch lange nicht alle Möglichkeiten aber ich glaube, ich habe deutlich gemacht, was für eine wichtige Rolle Möbel in “Animal Crossing” spielen.

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Möglich ist der Möbelhandel nur, weil sich Möbel, wenn man sie aufhebt, in kleine Blätter verwandeln. So passen sie problemlos in jede Tasche. Der größte Nachteil daran ist vermutlich die Tatsache, dass man Möbel schnell verlieren kann, wenn sie einem aus der Tasche fallen. Dann sucht man plötzlich die Toilette im Blätterhaufen. Das erklärt übrigens auch, warum man hin und wieder Möbel in Bäumen findet. Schüttle an einem Baum in Bommeln und wenn du Glück hast, kommt dir ein Bett entgegen. Der klassische Mord per Herabstürzendem Klavier ist dadurch natürlich leider nicht mehr möglich.

Man mag den Bommeln nun materialistisches Denken vorwerfen, doch irgendwie habe ich da so meine Probleme mit. Im Grunde wechselt die Inneneinrichtung eines Bommlers (den Spieler ausgeschlossen) alle zwei Wochen. Immer wieder wird ein Tisch gegen ein Bett getauscht, der Teich weicht einem Lagerfeuer oder eine Lampe wird durch eine Topfpflanze ersetzt. Regale, Schränke und Kommoden bleiben auch nicht lange. Wie soll man da Dinge horten? Schaue ich bei mir zu Hause (also in der echten Welt) in meine Schränke oder auf meine Tische, sind diese voller Zeug. Ich sammle keine Möbel, ich sammle Zeug auf oder in Möbeln. Würde ich Woche für Woche meine Möbel hergeben, würde ich gar nicht die Möglichkeit haben, Dinge wie Skylanderfiguren zu sammeln. Das schöne, neue Regal? Tausche ich nächste Woche gegen eine Harfe.

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Eigentlich ist es ausschließlich der Spieler, der in “Animal Crossing” materialistisch denkt. Er sammelt bestimmte Möbelserien und stellt Pokale, Abzeichen oder andere wertvolle Sammelobjekte auf die Tische. Nur er legt Wert darauf, eine Möbelreihe vollständig zu haben. Die anderen Bommler? Die freuen sich darüber, in ihrer Wohnung ein gewisses Grundchaos herrschen zu lassen. Manch einer hat weder Bett, noch Dusche, noch Toilette, dafür aber eine rote Boxringecke, einen Plattenspieler und einen Zahnarztstuhl. Der Stuhl wird morgen natürlich gegen eine Gitarre eingetauscht. Die Bommler sind verrückt nach Möbeln. Aber aus Spaß an der Abwechslung. Sie hängen nur selten an bestimmten Objekten. Die tauschen gerne, wenn ihnen etwas anderes gefällt. Sie kaufen vom Spieler ausgestellte Möbel in der Fundgrube, ohne genau zu wissen, was sie damit überhaupt anfangen sollen.

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Manchmal stelle ich mir vor, wie es wäre, auch in der echten Welt so zu leben. Natürlich müsste man den Möbeltransport hier genauso vereinfachen wie im Spiel. Dass das zur Zeit nicht möglich ist, soll unser kleines Gedankenexperiment aber nicht aufhalten. Würde ich so leben können, wie die Bommler? Ich glaube nicht. Ich hänge an meinen Möbeln und vor allem an deren Inhalten. Ich mag es, dass manche Regale in meiner Wohnung vollgestellt sind. Ich brauche das. Auf der anderen Seite wäre es wirklich spannend, Woche für Woche die Wohnung neu einzurichten (immer unter der Bedingung, dass es so einfach wäre wie im Spiel). Auf Grundgegenstände wie Bett, Toilette oder Dusche würde ich selbstverständlich nicht verzichten wollen, doch plötzlich keinen Schreibtisch mehr besitzen, dafür aber eine Orient-Bank? Die Wohnzimmerstehlampe gegen ein Vogelhäuschen eintauschen? Das CD-Regal weggeben und dafür ein Bücherregal mit unbekanntem Inhalt bekommen? Warum nicht! In einer Welt, in der die Menschen nicht immer alles so ernst nehmen, wäre das sicherlich eine verdammt lustige Art zu leben. “Wollten wir nicht eigentlich einen Film gucken?” “Tut mir leid, ich habe den Fernseher heute morgen gegen einen Picknicktisch eingetauscht. Lust auf ein spontanes Picknick?” “Gerne! Ich habe gerade zufällig noch einen Wasserspender dabei. Verdursten müssen wir also nicht.” Man lässt das Chaos buchstäblich bei sich einziehen, erfreut sich an der Abwechslung und lernt dabei das Harfespielen. Klingt doch irgendwie super.

Leider wird ein solches Leben abseits von Bommeln niemals möglich sein. Bei uns erfüllen Möbel immer einen Zweck. Man kauft das Regal, weil man bereits weiß, was man mit ihm machen will. In Bommeln dagegen erzählen sie spontan entstandene Geschichten. Hier mal ein erfundenes Beispiel, das so aber zu 100% auch im Spiel hätte eintreten können: Einmal gab mir Warzi ein riesiges Lagerfeuer, weil er versehentlich zwei davon gekauft hatte und er dadurch den Keller voller Feuer stehen hatte. Ich nahm es an und tauschte es mit Maria gegen einen Kühlschrank, den ich gar nicht brauchte. Tim jedoch sah den Kühlschrank und wollte ihn unbedingt haben. Ich erhielt als Gegenleistung einen Teich. Diesen stellte ich wiederum in der Fundgrube aus. Wisst ihr, wer ihn gekauft hat? Warzi! Der Teich steht jetzt in seiner Wohnung und immer, wenn ich Warzi besuche, muss ich an diese Geschichte denken.

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“Animal Crossing: New Leaf” erinnert mich immer an das Märchen “Hans im Glück.” Wobei man es hier wohl eher “Hans in Bommeln” nennen sollte. Am Ende des Tages kann es passieren, dass man ohne Bett dasteht, trotzdem unglaublich glücklich ist, weil man das Bett gegen ein menschliches Skelett eingetauscht hat, nun auf einem Kürbissofa liegt und sich darüber nachdenkend in den Schlaf lacht.

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