Genürsel 2013 – 35/52 – Sammler

Genürsel 2013 - 35/52 - Sammler

Als Kind schaute ich total gerne Fußball. Mein Lieblingsfußballer war damals Matthias Sammer von Borussia Dortmund. Wurde auf dem Schulhof Fußball gespielt, war ich Matthias Sammer und spielte auf der Liberoposition, was bei einem drei gegen drei mit Tennisball auf zwei nebeneinanderstehende Bänke natürlich nicht wirklich möglich war. Aber das hat einen als Kind nicht interessiert. Genauso wenig wie mich heute die Tatsache, dass auf dem Genürsel-Zettel nicht “Sammer”, sondern “Sammler” steht.

Na gut. Irgendwann bin dann sogar ich erwachsen und vernünftig geworden. Darum gucke ich mittlerweile kein Fußball mehr, sondern Wrestling. Da weiß man, was man hat und es wird wenigstens nicht verheimlicht, dass alles abgesprochen ist. Ha! Kontroverse! Blödsinn. Alles. Wie immer. Und Blödsinn bringt mich zurück zu dem Umstand, dass ich gerne Sachen sammer, ähm, sammel. Sammle. Ich weiß ja auch nicht.

Warum ich gerne Sachen sammle? Keine Ahnung. Jeder Mensch ist anders. Der eine fühlt sich zu einer aufgeräumten Wohnung hingezogen, der andere zu einer vollgestellten. Ich würde mich jetzt eher zur letzteren Sorte Mensch zählen. Alle, die schon einmal in meiner Wohnung waren, dürften mir da zustimmen.

Was sammelt man denn so als angesehener Sammler? Schwer zu sagen. Zeug. Zum Beispiel Pinguinzeug. Weil ich Pinguine mag. Das hat damit angefangen, dass mir plötzlich andauernd Leute Pinguinzeug geschenkt haben. Und irgendwas muss man damit ja machen. Also stellte ich all mein Pinguinzeug auf einen Tisch und präsentierte es Besuchern. Wodurch diese sich dazu verpflichtet fühlten, mir noch mehr Pinguinzeug zu schenken. Weil ich das ja sammle. Ein Teufelskreis. Würde ich aufräumen und das Pinguinzeug in eine Kiste stecken und diese irgendwo verstauen, würden wiederum alle fragen, warum ich Pinguine plötzlich hasse. Darum lasse ich das Pinguinzeug da stehen, wo es gerade steht. Um nicht noch häufiger das Wort Pinguinzeug zu verwenden, möchte ich das Thema wechseln.

Matthias Sammer war super. Warum? Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht einmal mehr, warum ich damals Fußball mochte. Vermutlich, weil es alle um mich herum auch taten. So funktioniert die Welt. Zeigen sich um einen herum alle Menschen den Mittelfinger, wenn sie sich begrüßen, dann übernimmt man das und denkt nicht darüber nach, dass dies in einer anderen Region der Welt vielleicht als Beleidigung aufgefasst werden könnte. Das ist vermutlich auch der Grund, warum ich mittlerweile kein Fußball mehr gucke. Ich will niemanden beleidigen. Außer die Leute, die es als Beleidigung auffassen, wenn man kein Fußball guckt. Aber die haben es auch verdient, beleidigt zu werden. Wen ich nicht beleidigen möchte: Leute, die es hassen, wenn andere vom Thema abweichen. Seit ich eine Fritteuse besitze, esse ich noch lieber Pommes als früher. Pommes sammeln kommt für mich aber nicht in Frage. Dafür ist das Gefrierfach in der Küche zu klein. Oh. Entschuldigung.

Ich baue schnell eine Beziehung zu Dingen auf. Damit meine ich jetzt nicht die Art Beziehung, die ich zu meiner Frau aufgebaut habe. Von der reicht mir eine. Und das klingt jetzt glaube ich negativer, als es gemeint war. Ganz besonders gerne habe ich Dinge, über die ich eine Geschichte zu erzählen kann. Wie zum Beispiel die Ninja-Actionfiguren, die hier irgendwo in der Wohnung rumstehen oder -liegen. Diese sehen nicht nur billig aus, sie waren es auch. Dennoch habe ich mit ihnen und einem Freund ein lustiges Video drehen können, über das ich heute noch lachen kann. Vor allem über die Matrix-Kamerafahrt am Ende. Ist es nicht schön, wenn kaum jemand versteht, worüber hier gerade geschrieben wird? Ich will ja nur meine Zielgruppe ansprechen, weil man das als Geschäftsmann so macht. Was ich wohl niemals sammeln werde: Geschäftssinn.

Aufgrund meiner Sammerleidenschaft hatte ich viele Borussia-Dortmund-Fanartikel zu Hause. Na gut, Sammer war nicht der alleinige Grund dafür. Eher meine Sammelleidenschaft. Ich besaß zum Beispiel Fußballsammelkarten. Einen ganzen Haufen davon, nein, eine ganze Schublade sogar. Leider weiß ich nicht mehr, wo sich diese Karten befinden. Vielleicht wurden sie von mir oder ein paar Erziehungsberechtigten entsorgt.

Ich kann mich ja nur schwer von etwas trennen. Vor mir unter meinem Bildschirm steht ein kleiner Stein. Den habe ich im Sommer 2003 auf Malta gefunden. Eigentlich hielt ich ihn nur kurz für ein lustiges Foto in der Hand. Warum ich ihn dann in meine Hosentasche stecken und mit nach Hause nehmen musste, weiß ich nicht mehr. Wenn man nun bedenkt, dass dieser Stein auch heute noch, nach über zehn Jahren, vor mir steht, könnten Freunde der Sauberkeit auch schon mal eine Panikattacke bekommen. Ich nicht. Ich kann halt nichts wegwerfen. Nicht mal einen Stein. Vor allem keine Erinnerungen. Ich sammle also keine Dinge, sondern Erinnerungen. Hui. Das klingt viel besser! Viel, viel besser! Und philosophisch!

Was für Erinnerungen ich an die unzähligen Skylanders-Figuren habe? Noch keine. Aber das kann ja noch kommen. Ich sammle nämlich auch Dinge, in die sich eventuell zukünftige Erinnerungen festsetzen können. Vielleicht fällt ja irgendwann mal das Regal, in dem die Figuren stehen, auf den Boden. Zack! Eine neue Erinnerung! Hätte ich die Figuren weggeworfen oder gar nicht erst gekauft, wäre es nie zu dieser tollen Erinnerung gekommen! Was genau an einem zu Boden gefallenen Regal toll ist? Das wird die Zukunft zeigen.

Genürsel 2013 - 35/52 - Sammler

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