Der letzte Tag. Da ist er also. Heute geht das Fantasy Filmfest 2014 zu Ende. Schade. Irgendwie hatte man sich nach all den Tagen an ein Leben im Kino gewöhnt. Es war nicht alles schlecht. Man hatte sich drauf eingestellt. Klar, eine gewisse Filmmüdigkeit war definitiv zu spüren. Aber ein bisschen länger hätte das Festival schon noch gehen können. Doch lasst uns nicht schon so traurig beginnen. Schließlich wollten noch vier Filme gesehen werden. Die letzten vier Filme. Ausgeschlafen betrat ich das Kino und erwartete sie voller Vorfreude.
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Film 59 – Cannibal
Der Tag begann ruhig. Sehr ruhig. Worum es in einem Film, der “Cannibal” heißt, geht, muss ich wohl nicht im Detail erläutern. Ein Schneider ernährt sich von Menschenfleisch.
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An dieses kommt er, indem er Frauen überfällt, in seine Berghütte karrt und dort fein säuberlich zerlegt. Die fertigen Schnitzel landen dann in seinem Eisfach. Ansonsten führt unser Protagonist übrigens ein ziemlich ruhiges und zurückgezogenes Leben. Sein Beruf macht ihm Spaß, er ist gut darin, die Aufträge kommen und eigentlich wirkt er wie der Normalo von nebenan. Dass das meistens die Schlimmsten sind, ist natürlich klar.
Eines Tages taucht eine neue Nachbarin auf, die hin und wieder Kontakt zu unserem Kannibalen aufnimmt. Was dann passiert, werde ich nicht verraten. Denn es passiert einfach verhältnismäßig wenig in diesem Film. Action, Spannung oder Lustiges sucht man vergebens. Na gut, am Ende kommt schon etwas Spannung auf… aber insgesamt plätschert “Cannibal” einfach so vor sich hin. Er erzählt dabei keine langweilige Geschichte, er legt sehr viel Wert darauf, den Protagonisten in Szene zu setzen. Hin und wieder vergisst man, dass er einen etwas merkwürdigen Essensgeschmack hat, so selten wird das überhaupt thematisiert.
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Dadurch ist der Film auch nur schwer zu empfehlen. Viele werden ihn langweilig finden und ich könnte das nachvollziehen. Mir selbst hat er jetzt auch nicht so gut gefallen, dass ich ihn an dieser Stelle mit Lob überschütten möchte. Er war ruhig. Ja. Er war ruhig. Und in gewisser Weise eher ein Beziehungsdrama. Damit hat er dann auch leider nicht meinen Geschmack getroffen.
Film 60 – Time lapse
Stellen wir uns vor, wir würden einen Fotoapparat finden, der jeden Tag zu einer festen Uhrzeit ein Foto schießt. Auf diesem Foto sehen wir aber nicht die Gegenwart, sondern das, was in 24 Stunden vor der Linse des Apparats geschehen wird. Ein Foto aus der Zukunft. Da kann man doch bestimmt etwas draus machen, oder?
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Klar kann man das! In einer Dreier-WG bestehend aus zwei Kerlen und einer Kerlin ist nach dem Fund des Apparats so einiges los. Aber beschreiben wir doch zunächst noch ein wenig das Gerät. Das befindet sich nämlich im Nachbarhaus und nimmt dort fast das gesamte Zimmer ein. Es herumzutragen kommt nicht in Frage. Der Apparat macht täglich ein Foto des gegenüberliegenden Fensters, das zum Wohnzimmer obiger WG gehört.
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Und hier beginnt das Trauerspiel. Ich vergleiche “Time lapse” mal schnell mit dem gestrigen “These final hours”. Tolle Idee, mau umgesetzt. Denn was passiert? In der WG Leben Typ A, Typ B und Typin C. A und C sind zusammen, B auf merkwürdige Art und Weise verrückt nach Hunderennen. Also klebt er nach dem Fund der Kamera einfach die Rennergebnisse an die Wohnzimmerfensterscheibe. Damit er sie gestern lesen kann. Verwirrend, ich weiß.
Der Tagesablauf ist nun der folgende: Man holt das Foto von morgen und versucht am nächsten Tag, das Foto nachzustellen. Warum? Weil man nicht riskieren will, die Zukunft zu verändern. Und das ist auch das Interessanteste an “Time lapse”: Die Fragen, die sich der Zuschauer stellt. Muss man sich wirklich an die Fotos halten? Kämen die Fotos auch zustande, wenn man sie nicht gesehen hätte? Wie funktioniert das mit der Zeit eigentlich genau? All das ist toll. Aber leider haben wir es in dem Film mal wieder ein paar absoluten Vollidioten und Klischeegeschichten zu tun. Natürlich dreht der angeblich beste Freund plötzlich durch, weil er gierig wird. Natürlich wird er zu einem Arschloch. Natürlich wird man unvorsichtig. Ich hätte an der einen oder anderen Stelle wirklich kotzen können, weil ich all das nicht mehr sehen konnte. Lasst die Leute sich doch einmal vernünftig verhalten. Oder wenigstens nachvollziehbar. Wie in “Coherence” zum Beispiel.
“Time lapse” lebt von der Idee, die hinter dem Film steckt. Die Diskussionen danach haben Spaß gemacht. Sie machen es quasi immer noch. Aber leider muss man bei diesen Diskussionen die auftretenden Charaktere ignorieren. Sonst rastet man nämlich aus.
Film 61 – Open windows
Multitasking ist nicht mein Ding.
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Schreiben und Musikhören ist OK, aber auch nur, solange keiner rappt oder singt. Videospiele spielen und dabei Fernsehen? Möglich. Aber fragt mich am Ende nicht, was in einem der beiden Konsumgüter genau geschehen ist. Aus diesem Grund werde ich wohl auch nie ein Hacker werden. Das hat mir “Open windows” klargemacht.
“Open windows” ist das “Hackers” unserer Zeit. Irgendwie. Zunächst ein paar Worte zur Inszenierung. Den ganzen Film über blicken wir lediglich auf einen einzigen Laptopbildschirm. Das gesamte Geschehen spielt sich ohne Ausnahme auf diesem ab. Eine unglaublich geile Erfahrung war das. Wirklich. Habe ich so noch nicht gesehen. Wie der Name schon sagt, werden andauernd irgendwelche Fenster auf dem Desktop geöffnet und wir bekommen immer mehr vom Geschehen mit. Die Überwachungskameras eines Hotels, die Webcam des Laptops und die Kontaktliste eines Handys stehen plötzlich vor uns und kämpfen um unsere Aufmerksamkeit. Immer ist irgendwo etwas los.
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Aber worum geht es eigentlich? Um eine Typen, der eine Fanseite über eine Seriendarstellerin betreibt, auf der er Fotos von ihr sammelt. Nichts Verbotenes oder Schweinisches. Einfach nur eine Fotoseite. Dieser Kerl sitzt in einem Hotel, weil er ein Treffen mit der Angebeteten gewonnen hat. Während er auf seinem Laptop ein Interview mit der Dame ansieht, nimmt plötzlich ein Hacker Kontakt zu ihm auf. Er übernimmt die Kontrolle über sein System und teilt unserem armen Helden mit, dass sein Treffen abgesagt wurde, man aber vergessen hatte, ihm dies mitzuteilen. Der Hacker bietet ihm nun an, sich ein wenig an der Schauspielerin zu rächen. Er gibt dem Protagonisten zum Beispiel kompletten Zugriff auf das Handy der armen Unwissenden.
Selbstverständlich bleibt es nicht bei einem einfachen Durchsuchen der Kontaktliste. Der Hacker hat einen viel, viel größeren Plan und unser Protagonist erkennt zu spät, dass er lediglich eine Marionette in einem gemeinen Spiel ist.
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Der Film steckt voller Wendungen und Überraschungen. Und alles spielt sich auf einem einzigen Bildschirm ab. Und ist übertrieben. Vollkommen übertrieben. Und darum ist der Film wie “Hackers”. Man muss sich einfach auf das Gezeigte einlassen. Dass ein Laptop all das Zeug, das da auf ihm geöffnet wird, irgendwann gar nicht mehr verwalten könnte, ist hier nur die Spitze des Eisbergs. Mehrere Live-Videofeeds, Komplettzugriff auf ein Handy, Voicechat mit einem Hacker… selbst mein heimischer Rechner würde an dieser Belastung zugrunde gehen. Aber lasst uns doch nicht mehr darüber reden, was an dem Film unrealistisch ist. Genau das hat so viel Spaß gemacht.
“Open windows” ist etwas für jeden Computerexperten und Technikinteressierten da draußen. Der Film hat einen großen Pluspunkt: Er konzentriert sich nicht nur auf die Inszenierung, sondern erzählt trotz alledem noch eine spannende und fesselnde Geschichte. Sollte man sich ansehen, wenn man auf Filme steht, die anders sind.
Film 62 – Life after Beth
Und da ist er also. Der Abschlussfilm. Hach ja. Schade. “Schade”, weil das Festival damit offiziell beendet wird. Aber auch, weil der Film nicht gut war. Warum? Ein Wort: Zombiekomödie!
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Ein Genre, um das ich normalerweise einen ziemlich großen Bogen mache. Irgendetwas stört mich an lustigen Zombiefilmen. Nein, das war jetzt falsch formuliert. Noch einmal: Irgendetwas stört mich an Zombiefilmen, die lustig sein wollen. Wenn sie lustig sind, habe ich ja gar nichts gegen sie. Aber gerade fällt mir kein einziger lustiger Zombiefilm ein. Nein, kommt mir jetzt nicht mit “Shaun of the dead”. Hört bitte, bitte auf. Danke.
In “Life after Beth” geht es darum, die anstehende Zombieapokalypse aus Sicht eines Jugendlichen zu sehen, dessen Freundin und Liebe seines Lebens von einer Schlange gebissen und getötet wird. Das Problem ist nicht der Verlust der Freundin, sondern dass sie plötzlich wieder da ist.
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Die Eltern versuchen zwar, ihr Auftauchen geheim zu halten, doch natürlich geht das nicht lange gut. Freund und Freundin kommen wieder zusammen und der Freund darf nun feststellen, dass sich seine Freundin verändert hat. Sie ist schnell gereizt, deutlich stärker als man eigentlich sein sollte und… ich habe keine Lust mehr, das alles aufzuzählen. Eine Zombiebeziehungskomödie. Sie verändert sich, er will es nicht wahrhaben, kann es aber schon bald nicht mehr ignorieren.
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Ich hatte keinen Spaß und wollte, dass es schnell vorbei ist. Die zwei Protagonisten konnten mich nicht begeistern, lediglich der schießwütige Bruder des Typen hat mich hin und wieder auflachen lassen. Der Rest war entweder in Ordnung oder albern. Es ist immer blöd, wenn der Abschlussfilm des Filmfests ein Reinfall ist, aber ich sehe gleichzeitig davon ab, daraus jetzt einen großen Aufstand zu machen. Ein schlechter Abschlussfilm verdirbt mir nicht das Festival. Wir reden hier von Filmen und Geschmackssache. Eine gefährliche Kombination.
Wie auch immer “Life after Beth” kann getrost ignoriert werden. Das Fantasy Filmfest 2014 aber noch lange nicht. Und darum folgt als nächstes mein Fazit.
Gesehene Filme: 62 von 62 (100%).
Bevor ich mich an das Fazit zum Fantasy Filmfest 2014 setzen wollte, legte ich mich aber erst einmal ins Bett. Ich wollte mich ausruhen. 62 Filme schwirrten in meinem Kopf herum. Ich musste meine Gedanken sortieren und eine Mütze Schlaf war da genau das Richtige. Als mein Kopf das Kissen berührte, dauerte es nur wenige Sekunden, bis ich eingeschlafen war. Leider wurde ich kurze Zeit später von einem lauten Knall geweckt. Ich erhob mich aus dem Bett und sah aus dem Fenster…