Tag 4 – Vorspann
Meinen guten Vorsatz, den Tag mit ein paar Dehnübungen zu beginnen, hatte ich tatsächlich umgesetzt. Aber zunächst einmal wollte ich ausschlafen und ließ aus diesem Grund den ersten Film sausen. Keiner von beiden hatte mich ernsthaft interessiert und da zog ich es vor, liegen zu bleiben, zu frühstücken und Ruhe meinen Tag bestimmen zu lassen.
Irgendwann machte ich mich dann aber auf, meinen zweiten Vorsatz anzugehen. Essen. Ich fuhr in die Stadt, besuchte ein Fast-Food-Geschäft und stopfte mich so voll mit Essen, dass ich vermutlich lange Zeit nicht mehr in Restaurants dieser Art speisen kann und werde. Aber das ist ja nun auch nichts Schlechtes. Zuletzt schaffte ich mir übrigens endlich den “Watchman”-Comic an. Wurde ja auch mal Zeit!
Frisch gestärkt betrat ich dann, wie so oft in den letzten Tagen, das Kino. Der erste Film erwartete mich. Heute waren vier Filme geplant und wenn alles glatt lief, würden es sogar fünf werden. Die Nachtvorstellung reizte mich ungemein. Aber wer denkt zu diesem Zeitpunkt schon an die Nachtvorstellung? Der Tag sollte doch gerade erst beginnen.
Film 11: The Thaw – Frozen
Aufgrund des bösen Klimawandels schmilz langsam das Eis der Erde. Dadurch wird in der Nähe einer wissenschaftlichen Forschungsstation ein eingefrorenes Mammut freigelegt. Gefunden wird es, als sich gerade ein Eisbär an seinem Fleisch vergeht. Der Bär wird gefangen, die Fundstelle gesichert und man freut sich. Bis plötzliche Todesfälle (zum Beispiel beim Eisbären) zeigen, dass in dem Mammut eine längst ausgestorbene Käferart ihre Eier abgelegt hat, die nun dabei ist auszuschlüpfen und sich auf der Suche nach neuen Nistplätzen begibt (zum Beispiel bei den Menschen).
Liest man die Vorgeschichte, so weiß man, wie der Film enden wird. Im Grunde hat man “Thaw” als “Killerwesenfan” bereits viele Male gesehen. Käfer kommen, greifen Menschen an, die verteidigen sich und so weiter. “Thaw” macht in dieser Hinsicht alles richtig und nichts neu.
Leider hält der Film einem die ganze Zeit über seinen mahnenden Zeigefinger in die Nase und popelt sich langsam bis zum Gehirn hoch, um dort seine Klimawandelgeschichte zu platzieren. Die Erderwärmung als Aufhänger für das Ganze zu nehmen ist natürlich nicht falsch, doch sollte man nicht immer und immer wieder auf ihr herumreiten. Denn um die Denkweise der Menschen zu ändern ist “Thaw” definitiv der falsche Film.
Positiv dagegen war der Ekelfaktor. Infizierte Menschen tragen die Eier der Käfer in sich herum, bis sie langsam aus dem Körper austreten und zerfallen lassen. Es wird geblutet, geschleimt und vieles mehr, was einen empfindlichen Magen nicht gerade zu Freudensprüngen anregen dürfte. Eine Szene mit einer Arm-Beil-Kombination bleibt mir hier besonders in Erinnerung. Gut gemacht, ekelerregend, gut.
Mehr ist “Thaw” dann aber auch nicht. Als Fan von Filmen dieser Art fand ich ihn nicht schlecht, doch über ein Mittelmaß kann er sich nun auch wieder nicht heben. Kann man sehen, muss man aber nicht. Und bevor ich es vergesse: Val Kilmer spielt mit. Aber nicht gut. Ach so: Klimawandel! Tut was!
Film 12: A film with me in it
Ein erfolgloser Schauspieler und sein erfolgloser Drehbuchautor träumen den ganzen Tag über davon, irgendwann erfolgreich zu sein. Leider werden sie plötzlich durch eine unglaubliche Pechsträhne in eine Situation gebracht, in der sie von Leichen umgeben sind und all ihrer Kreativität freien Lauf lassen müssen, um hier wieder heile heraus zu kommen.
Zu Beginn hatte ich Angst. Die ersten Minuten verstand ich nur sehr schwer, da der Film aus Irland stammt und ich mich an den dortigen Dialekt erst einmal gewöhnen musste. Zum Glück gelang mir das aber irgendwann und zum Glück nahm der Film auch erst nach einigen für meinen Geschmack etwas zu ruhigen Minuten an Fahrt auf. Nach einem etwas langatmigen Anfang wird einem dann aber klar, dass diese Minuten genutzt wurden, um die großartigen Charaktere vorzustellen.
Es ist schwer, den Film zu beschreiben, ohne dabei zu viel zu verraten. Er lebt von seinem Überraschungsmoment, der den Zuschauer ganz plötzlich überrollt und mitreiß, obwohl vieles, was passieren wird, bereits nach wenigen Filmminuten angedeutet wird.
Hat der Film erst einmal an Fahrt aufgenommen, ist er fast nicht mehr zu bremsen. Ich hatte ein durchgängiges Grinsen im Gesicht, hier und da wurde laut gelacht und immer, wenn man glaubt, die Schwärze des Humors wäre nicht mehr zu überbieten, legt der Film noch einmal einen drauf. Für Freunde seichter Komödien ist dieses Werk hier absolut nicht zu empfehlen. Wer es aber auch mal fies mag, muss hier zuschauen.
Film 13: Case 39
Als die Sozialarbeiterin Emily einen neuen Fall auf den Tisch gelegt bekommt, ist sie zunächst absolut nicht begeistert davon. Ein junges Mädchen zeigt auffällige Verhaltensmuster in der Schule, weswegen bei ihr zu Hause nach dem Rechten gesehen werden soll. Wie sich herausstellt, hat die Kleine panische Angst vor ihren Eltern und als sie in letzter Sekunde davor gerettet werden kann, von ihnen umgebracht zu werden, nimmt Emily sie letztendlich bei sich zu Hause auf. Doch nun muss sie feststellen, dass nicht mit den Eltern, sondern mit der Kleinen etwas nicht stimmt.
Es gelingt “Case 39” sehr gut, mit dem Publikum zu spielen. Ist man anfangs noch um das Mädchen besorgt, hat man gegen Ende richtig Angst vor ihm und bedauert plötzlich, dass der Mordversuch der Eltern scheiterte. Es gibt einige gute Schock- und Gruselszenen und an der einen oder anderen Stelle hatte ich richtig Gänsehaut.
Leider gefiel mir die Mitte des Films nach dem starken Anfang nicht mehr so besonders gut. Dafür nimmt er gegen Ende dann noch mal richtig an Fahrt auf. Vor allem das kleine Mädchen spielt seine Rolle sehr gut und wirkte furchteinflößend und bedrohlich. Aber das haben gut gemachte Kinderhorrorfilme ja immer so an sich. Schließlich traut man Kindern zunächst einmal keine Schandtaten zu.
“Case 39” gehört definitiv zu den besseren Vertretern des Genres. Leider beschränkt er sich nicht nur auf die Mimik des Kindes, sondern muss ab und zu doch ein paar Computertricks anwenden, die meiner Meinung nach gar nicht nötig gewesen wären. Der etwas enttäuschende Mittelteil und der Umstand, dass der Film insgesamt dann doch zu brav und “normal” ist sogen dann letztendlich dafür, dass “Case 39” nicht auf die Spitze des Horrorberges katapultiert wurde.
Film 14: In the electric mist
Oh je. Mit der Bewertung dieses Films tue ich mich wirklich schwer. Aber erst mal der Inhalt. Ein Polizist in einem kleinen Dorf wird mit ein paar brutalen Morden konfrontiert. Schon bald fällt sein Verdacht auf einen reichen Gangster, der den Polizisten nun aber auf seine Abschussliste gesetzt hat.
Jetzt zu meinem Problem: Schlecht war der Film nicht. Was er aber auf dem Festival zu suchen hatte, bleibt wohl für immer im titelgebenden Nebel verborgen. Er hatte einen “Mystikanteil” von vielleicht einem Prozent (aufgerundet), der es meiner Meinung nach nicht rechtfertigen konnte, den Film auf diesem Festival laufen zu lassen. Natürlich ist dies nicht immer ein Kriterium, doch habe ich eigentlich den Eindruck, Filme auf dem Festival Filme sehen zu können, die man ansonsten nur schwer im Kino zu Gesicht bekommen würde. Hier ist das aber nicht der Fall. Schaut man sich alleine die Darsteller an (Tommy Lee Jones, Tom Goodman, …) kann von einem Nischenfilm nicht die Rede sein.
Und dann ist da noch die Länge von etwa zwei Stunden, in denen nur selten etwas anderes gemacht wird, als geredet. Für mich war der Film definitiv zu langatmig und uninteressant. Zu Hause auf DVD kann man dem Film sicherlich mal eine Chance geben. Aber nicht auf dem Fantasy Filmfest.
Der Film hat alles in allem definitiv seine Längen, auf ihn einlassen konnte ich mich auch nicht und die Geschichte war für mich zu uninteressant, als ihr gebannt folgen zu können. Freunde von Thrillern und / oder Dramen sollten mal einen Blick riskieren. Der “fantastische” Anteil ist sehr, sehr gering.
Film 15: The children
Zwei Paare machen über Weihnachten zusammen mit ihren Kindern einen Familienurlaub. Doch schon am ersten Abend fühlen sich ein paar der Sprösslinge krank und verhalten sich sehr merkwürdig. Und plötzlich geschieht es dann: Sie greifen die Erwachsenen an und ein schonungsloser Kampf beginnt.
Hui. Was für ein Film. Dass ich es mit einem so ernsten Schocker zu tun bekommen würde, hatte ich gar nicht erwartet. Ich war eher auf eine schwarze Komödie eingestellt, doch es kam anders. Bisher handelt es sich hier definitiv um einen der spannendsten Filme dieses Festivals.
Doch zunächst das Negative: Der Film hatte einige Logiklöcher, vor allem, was das Verhalten der Erwachsenen angeht. Die Kinder können immer wieder einfach wegrennen, die Erwachsenen sind auch nach offensichtlichen Attacken immer noch davon überzeugt, dass die Kinder eigentlich keiner Fliege etwas zu leide tun können und so weiter. Natürlich handelt es sich hier um die Eltern der Kinder und dass sie nicht sofort auf die Kinder losgehen ist klar, aber irgendwann sollte der Groschen doch langsam mal gefallen sein.
Neben diesen Verhaltensfehlern konnte mich der Film aber sehr gut unterhalten. Ja, es wird eigentlich gar nicht erklärt, warum die Kinder alle so ausrasten (ein Virus wird angedeutet), doch muss der Film dies wirklich machen? Ich finde nicht. Der Horror wird durch diese Unwissenheit nur noch verstärkt. Lieber keine detaillierte Erklärung als zu viel uninteressanter Müll.
Es geht auch sehr brutal zur Sache. Die Kinder kennen kein Erbarmen, doch auch die Erwachsenen schlagen manchmal äußerst brutal zu. Da es sich bei den Opfern also auch um Kinder handeln kann, wusste man oft nicht, wie man reagieren sollte. Irgendwo war dann doch immer ein wenig Mitleid mit den Kleinen in einem vorhanden. Aber dann realisierte man auch schon wieder, dass sie alles andere als Freundlich zu den Erwachsenen waren.
Einen weiteren Vorteil, den der Film gegenüber “Case 39” hatte, war die “Gestaltung” der Kinder, da man hier vollkommen auf Computereffekte verzichtete. Die Kinder wurden lediglich ein wenig geschminkt (Augenränder) und der Rest spielte sich alles mit Hilfe ihrer Mimik ab. So muss es sein. Die Kleinen spielten ihre Rollen wirklich großartig und hier und da bekam man tatsächlich Gänsehaut, obwohl eigentlich gar nichts passierte.
“The Children” stellte einen wundervollen Horrorfilm dar, der hier und da ein paar gute Schocker zu bieten hat und eine Atmosphäre aufbringt, die mich als Zuschauer an die Leinwand gefesselt hat. Es gibt hier und da ein paar Fehler, doch bleibt der Gesamteindruck immer noch sehr gut. Schöner Kinderhorror für zwischendurch. Die Supernanny sollte aber wegschauen. Man bekommt hier keine Erziehungstipps, die man zu Hause problemlos anwenden könnte.
Tag 4 – Abspann
Heute gab es dann also die erste Nachtvorstellung des Festivals für mich. Dafür bedanke ich mich beim Museumsuferfest in Frankfurt, durch das die U-Bahnen länger fahren, als sonst und man sich deswegen keine Gedanken darüber machen muss, die letzte Bahn zu verpassen und zu Fuß nach Hause zu laufen.
Ansonsten war es ein recht kinderreicher Tag. Zuvor wurde noch eine Ansage gehalten, in der man uns mitteilte, dass eine Kölner Tageszeitung die Theorie aufgestellt hatte, das Festival würde aufgrund der diesjährigen Filmauswahl für eine weitere Verminderung der Geburtenrate sorgen. Diese Theorie kann ich definitiv bestätigen. Mir reicht es mit den Blagen.
!!!ANMERKUNG!!!
Leider habe ich die Textreihe nicht weiterführen können. Das tägliche Schreiben war einfach zu anstrengend und ich kam nicht mehr dazu. Ich hätte das Festival nicht mehr genießen können. Darum hatte ich irgendwann beschlossen, es dieses Jahr sein zu lassen. Es war keine leichte Entscheidung. Aber es ging einfach nicht.