Prolog
Der letzte Tag. Er ist endlich eingetroffen. Körperlich habe ich mich mittlerweile an die Kinosessel angepasst. Meine Haut fühlt sich an wie ein Sitzpolster und würde ich einen Kopfstand machen, könnte man auf meinem Hinterteil eine Herr der Ringe Nacht sitzend überstehen. Doch all das sollte schon bald wieder vorbei sein.
Ich fuhr wie immer zum Kino. Eine gewisse Abschiedsstimmung machte sich in mir breit. Doch selbstverständlich ließ ich mich davon nicht weiter beeindrucken. Viel eher freute ich mich auf den Tagesabschluss, auch wenn er planungstechnisch sehr schwer zu verarbeiten war. An keinem anderen Tag gab es so viele Filme, die ich nicht einschätzen konnte. Und somit war es schwer zu entscheiden, welchen ich sehen und welchen ich auslassen würde. Aber irgendwann hatte man sich dann entschieden und der Tag konnte beginnen.
Film 33: My name is Bruce
Und wieder ein Film, in dem ein Schauspieler sich selbst spielt. Doch dieses Mal wurde die Geschichte in eine alles andere als realistische Geschichte gepackt. Wurde man in „JCVD“ Zeuge eines realistischen Geiseldramas, bekam man dieses Mal eine Fantasygeschichte präsentiert, die perfekt auf seinen Darsteller zugeschnitten wurde.
Bruce Campbell spielt sich selbst. Einen heruntergekommenen Schauspieler, der in Trashfilmen mitspielt und dadurch keinen großen Respekt erntet. Doch plötzlich taucht in einem kleinen Dorf ein japanischer Totengott auf und die Dorfbewohner sehen in Bruce den Helden, den er in seinen Filmen immer darstellt. Doch schon bald müssen sie feststellen, dass er alles andere als mutig ist.
Der Film hat wirklich Spaß gemacht. Nicht alle Witze kamen so gut an, wie sie vielleicht geplant waren, doch trotzdem wurde ich durchgängig gut unterhalten. Bruce Campbell spielt sich selbst perfekt (was für ein dummer Satz) und die Vermischung aus Realität und Fantasygeschichte hat gut funktioniert. Natürlich fehlt dem Film dadurch jeglicher Realismus wie bei „JCVD“ und hätte somit auch mit jeder anderen Filmfigur funktioniert, dennoch bringt Bruce Campbell die Geschichte gewohnt souverän rüber und kann mit seinen Sprüchen und Kommentaren einige Lacher einstecken.
Film 34: Cowboys, Tod und Träume
Und wieder gab es eine Ladung Kurzfilme. Diesmal aber nur drei und diese erreichten uns alle aus den deutschen Landen. Hier wie immer eine Kurzzusammenfassung:
Cowboy: Ein Immobilienmakler entdeckt einen alten heruntergekommenen Hof und möchte die Besitzer fragen, was sie dafür haben möchten. Mit dem Ziel, es gewinnbringend weiterzuverkaufen gerät er in eine Situation, die mich als Zuschauer beinahe zusammenbrechen ließ vor Kopfschmerzen. Der Film hat zwei Wendungen. Die erste ließ mich lachen, die zweite noch mehr. Irgendwie passte das alles nicht zusammen. Und die Botschaft war einfach nichts für mich. Aber der Bauersjunge war zum Anbeißen süß. GZSZ hat eine neue Handlung, die man aufgreifen könnte!
Mimikry: In einer Welt, in der man in einem verborgene Träume betreten kann, hat ein Wissenschaftler ein Erlebnis, aus dem er nicht mehr aufwachen möchte. So zumindest glaube ich, dass man die Geschichte zusammenfassen kann. Der Film war für meinen Geschmack viel zu langatmig und künstlich gestreckt. Und das über einen Kurzfilm zu sagen ist alles andere als gut. Schade, denn die Hintergrundgeschichte mit der Welt der Träume war durchaus interessant.
Anyone there?: Junge Frau wird in der eigenen Wohnung von einem Killer angegriffen. Juhu! Ein guter Abschluss! Der Film war schnell, kurz, actionreich und hatte ein perfektes Ende. Gut, dass er den Abschluss gebildet hat. So konnte man doch noch einigermaßen gut gelaunt den Saal verlassen.
Insgesamt hat mir diese Veranstaltung nicht sehr gefallen. Der Anfang war dumm, die Mitte langatmig und nur der Schluss gut, dafür aber sehr kurz.
Film 35: Acolytes
Ein paar Jugendliche beobachten einen Mann, wie er im Wald etwas vergräbt. Aus Neugier schauen sie nach und finden eine Leiche. Als sie anhand des wiedererkannten Autos die Adresse des Verbuddlers herausbekommen, möchten sie ihn erpressen. Doch leider läuft nicht alles so, wie es geplant war.
Acolytes hat eine sehr interessante Geschichte zu bieten. Immer wieder entwickeln sich unerwartete Situationen und am Ende muss man erst einmal über das Gesehene nachdenken, um den Gesamtüberblick zu bekommen. Das hat mir sehr gefallen. Doch leider wurde dieses Handlungspaket in ein etwas uninteressantes Einpackpapier gewickelt. Irgendwie kam fast nie richtig Spannung auf und man ließ die Geschichte eher an sich vorbeiplätschern.
Und eine weitere Sache muss ich dem Film vorwerfen: Ich liebe es ja, wenn man sich während eines Filmes erschreckt. Doch ich hasse es, wenn Schockeffekte mit Hilfe billiger Mittel hervorgerufen werden. Im Falle von Acolytes bedeutet das, dass man sich während Rückblenden erschreckt. Oder besser: Bei deren Auftauchen. Gibt es eine Rückblende, taucht diese plötzlich auf, der Ton wird laut und es blitzt auf. An solchen Momenten mit Schockeffekten zu arbeiten finde ich extrem billig und sehr nervend. Das hätte man besser weggelassen und an anderen Stellen besser einsetzen können.
Somit war ich am Ende zwar zufrieden, aber auch ein wenig genervt. Schade eigentlich, denn wie bereits gesagt, wird einem hier eine sehr interessante Geschichte aufgetischt.
Film 36: The Chaser
Abschlussfilm! Ich freute mich auf das Finale, da es mal wieder im Bereich des „Focus Asia“ lief. Und diese hatte mich während der letzten 8 Tage nie enttäuscht. Und so kam es wieder.
Ein ehemaliger Polizist hat seinen Dienst quittiert und handelt nun mit Prostituierten. Doch aus irgendeinem Grund verschwinden immer mehr „seiner Mädchen“. Er geht der Sache auf den Grund und muss schon bald einen Mann jagen, der ein tödliches Spiel mit den bestellten Frauen spielt.
Wahnsinn. The Chaser war der perfekte Abschluss für das Festival. Er war spannend, brutal, lustig und keine Minute zu lang. Zwei Stunden lang wird der Zuschauer mitgerissen und das ein oder andere Mal wird mit den Gefühlen des Publikums gespielt. Man sieht hier keinen Hollywoodfilm, in dem alle Guten überleben und die Bösen verlieren. Und genau das liebe ich so am asiatischen Kino. Es ist in dieser Hinsicht einfach realistischer.
Und so bietet der Film absolut nichts „phantastisches“. Er ist ein durchweg spannender Thriller, der ein grandioses Filmfestfinale darstellte.
Epilog
Und das war es dann auch. Das Festival ist vorbei. 36 Filme haben meine Augen gereizt. Es war großartig und besser als das (sehr gute) letzte Jahr. Aber viel mehr möchte ich erst einmal nicht sagen. Ich muss ein paar Tage nachdenken und dann ein Fazit schreiben. Wer das letztjährige gemocht hat, wird auch dieses Mal nicht enttäuscht werden.