Mein erster, eigener Truck. Endlich war ich RICHTIG in der Truckerwelt angekommen. Sofort richtete ich mich häuslich ein und machte es mir gemütlich.
Selbstverständlich wollte ich umgehend der Straße mein neues Gefährt vorführen, doch zunächst wollte ich mir, da ich mich schon in meiner Garage befand, ein paar Statistiken zu Gemüte führen.
Da meine Basis in Frankfurt meine einzige Basis war, gab es hier nicht viel zu sehen.
Grüne Zahlen sind super, finde ich. Meine persönliche Fahrerstatistik stand der ganzen Sache in nichts nach.
Ich war mehr als zufrieden mit mir und meinen Leistungen. So verließ ich zum ersten Mal mit meinem neuen Fahrzeug meine Basis.
Ich dachte kurz darüber nach, einfach in aller Ruhe durch die Gegend zu fahren und meinen neuen Truck zu testen, doch dann fiel mir ein, dass es keinen besseren Test gab, als eine richtige Lieferung. Wrestling lernt man auch nicht, indem man sich auf den Boden fallen lässt und jammert. Erst, wenn man so tut, als würde man von jemand anderen auf den Boden geworfen werden (und dabei jammert) und dieser dabei total böse durch die Gegend guckt (ohne zu lachen), hat man was dazugelernt. Also nahm ich meinen ersten Auftrag an, für den man mir keinen Fremdtruck zur Verfügung stellte.
Das bedeutete selbstverständlich auch, dass ich mir meine Ladung selbst abholen musste. Firmengelände ins Navi und los!
Schnell fand ich, was ich suchte, lud auf und begann meine Reise nach Köln.
Frankfurt hinter mir zu lassen war ein tolles Gefühl. Nicht, weil ich die Stadt nicht mochte, sondern weil dies in meinem eigenen Truck geschah. Ich hatte Frankfurt viel zu verdanken.
Nicht viel zu verdanken hatte ich dem PKW-Verkehr. Da fährt man nur mal eben kurz zu schnell von der Autobahn runter, wechselt auf die Gegenfahrbahn, um niemanden zu rammen, nimmt die Kurve ein wenig zu eng und was ist? Niemand macht einem Platz. Unfreundliches Pack. Im Royal Rumble würde ich euch zuerst eliminieren. Und alle Zuschauer wären froh darüber.
Für das entstandene Chaos entschuldigte ich mich selbstverständlich nicht. Ich überholte stattdessen lieber andere Fahrzeuge per Standstreifen.
Und fuhr anderen Truckern in die Hacken.
Ja, gut. Ich will ehrlich sein: Ich war etwas aufgedreht. Mein eigener Truck, schön und gut, deswegen aber gleich auszuflippen, war selbstverständlich unangebracht. Als ich den Kölner Dom vor mir sah, beschloss ich, etwas besser aufzupassen.
Ich erreichte mein Ziel und lieferte die Ladung ab.
Da der Rammschaden ausschließlich an meinem Truck entstanden war, hatte ich bei der Abrechnung keine Abzüge zu befürchten.
Zunächst wollte ich sofort ein neues Abenteuer beginnen, …
… doch ich begann, zu gähnen. Warum? Weil ich müde war. Ein weiterer Unterschied zu meiner bisherigen Truckerkarriere: Ich musste mich aktiv ausruhen. Früher konnte ich einfach zwischen den Fahrten kleine Pausen einlegen. Ich hatte ja nach einem Auftrag keinen Truck mehr unter der perfekt definierten Gesäßmuskulatur. Das Fahrzeug blieb damals immer bei der ehemaligen Ladung stehen. Dies war nun anders. Ich schlief von nun an in meinem eigenen Truck. Darum suchte ich mir einen Parkplatz und legte mich ein paar Stunden hin.
Als ich erwachte, war es bereits dunkel.
Ich schaltete meine Lichter ein…
… und begab mich auf die Suche nach einem neuen Auftrag.
Gegen 18 Tonnen Joghurt ist nun wirklich nichts einzuwenden. Osnabrück kannte ich auch noch nicht.
Ich holte meine Fracht ab und verließ Köln.
Während Nachtfahrten ist immer ziemlich wenig los auf den Straßen. Darum verglich ich die Leuchtkraft meiner am Fahrzeug angebrachten Lampen.
Hier das Licht meiner normalen Frontscheinwerfer.
Und hier die Straße bei voll aufgedrehter Lampenkraft.
Es versteht sich von selbst, dass ich dieses Licht dauerhaft eingeschaltet ließ. Ich erinnerte mich zwar noch an ein paar Fahrstunden, in denen man mir erklärt hatte, dass Fernlicht andere Fahrer stört, als Wrestler interessieren einen solche Details jedoch selbstverständlich überhaupt nicht.
Hell erleuchtet erreichte ich Osnabrück und ärgerte die Menschen, die sich Tageslichtwecker in ihre Schlafzimmer gestellt hatten. Tschüs, Tagesrhythmus.
Fracht abliefern, Geld kassieren. Routine.
Also gut, Klartext: über jede Fahrt werde ich von nun an nicht mehr ausführlich berichten. Ja, ich werde jede hier erwähnen. Aus statistischen Gründen. Man will ja am Ende eine übersicht haben. So wie ich auch eine Liste besitze, in der ich jedes meiner Wrestlingmatches eingetragen habe. Mitsamt Gegner, Sieger, Siegart, Ort und benutzter Bräunungscreme und Bodylotion. Aber letztendlich war ich zu diesem Zeitpunkt ein ziemlich guter Fahrer. Dieser Bericht soll meine Reise wiedergeben. Darum wird auf nichts verzichtet, das eine oder andere dafür aber kürzer behandelt.
Es sollte klar sein, dass nach diesem Absatz genau während der nächsten Reise etwas Aufsehenerregendes passieren wird. Es begann mit ein paar Druckbehältern, die von Osnabrück nach Hamburg transportiert werden sollten.
Ich fuhr mitten in der Nacht los.