Da ich niemanden stören oder gar erschrecken wollte, fuhr ich beim ersten Anzeichen von Gegenverkehr ins Grüne und machte Platz. Ich bin eben ein zuvorkommender Trucker.
Zumindest war ich das bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich mir eine Leitplanke in den Weg stellte. Hier war Ausweichen leider nicht mehr möglich. So verwandelte ich den weiteren Fahrtverlauf in ein “Battle Royal”-Match und eliminierte meine Gegner über das oberste Ringseil.
Ich gewann das Match und betrat ausgeruht und entspannt die richtige Straßenseite.
Ich will nicht lügen: Der Hauptverantwortliche war selbstverständlich ich. Aber ich will lügen: Das war alles nicht meine Schuld. Ich fuhr weiter.
England ist übrigens voller Tunnel. Behaupte ich an dieser Stelle einfach mal.
Southampton! Mein Ziel!
Während des Einparkens versteckte ich meine Kameraperspektive hinter Gebäum, weil ich beim Einparken schon längst nichts mehr sehen musste.
Seht ihr?
Beim Abkassieren lief natürlich nicht alles gut.
Wenn man jedoch bedenkt, dass ich da gerade eine Vollbremsung auf der Autobahn hingelegt hatte und eine Auffahrt entgegen der Fahrtrichtung entlanggefahren war, kann man sich über einen 3%igen Sachschaden nicht wirklich beklagen. Ich nahm die 3.000 Euro und verschwand.
Um wieder einmal ehrlich zu sein: Ich hatte genug von Großbritannien. Linksfahren lag mir nicht. Mein Autobahnabenteuer hatte mir gezeigt, dass ich verschwinden sollte. Vermutlich würde ich später noch einmal zurückkehren. Ich wollte schon gerne alle Städte des Landes besuchen. Aber gerade war ich durch. Ich wollte nur noch einen kleinen Abstecher nach London machen. London sollte man schließlich einmal gesehen haben. Wenn man schon in der Nähe ist. Ach, ich weiß ja auch nicht. Ich schnappte mir acht Tonnen Sägespäne und fuhr nach London.
Das mit den Baumstämmen war ich natürlich nicht. Was in Sägewerken für ein Chaos herrscht, halte ich für einen Skandal.
Um es kurz zu machen (ja, das kann ich auch): Ich erreichte London, ohne auf nennenswerte Probleme zu stoßen. Ich glaube, ich fuhr lediglich 33 mal auf der falschen Straßenseite und war somit auf dem Weg der Besserung.
Abends erreichte ich London.
Die Skyline im Blick fuhr ich auf das Gelände meines Autraggebers und überbrachte die Ladung.
Wie es zu dem Gehaltsabzug von 1% kam, weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr. Aber ich habe eine Vermutung, die etwas mit falschen Fahrbahnen und Gegenverkehr zu tun hat. Man kann sich ja nicht alles merken.
Was ich dagegen weiß: Level 4!
Den Fähigkeitenpunkt investierte ich wieder einmal ich hochwertige Fracht. Ich wollte mich weiter spezialisieren. Da ich zum Beispiel Spritkosten nicht selbst tragen musste und immer einen neuen, gut gefüllten Truck erhielt, waren mir Dinge wie eine sparsame Farweise vollkommen egal.
Nicht egal war mir mein Plan, England zu verlassen. Als ich die Auftragsliste durchsah, blieb ich an einem Auftrag hängen.
Der Umstand, einen Raupenbagger zu transportieren, ließ mich noch nicht fröhlich kreischen. Aus England rauszukommen war schon einmal ganz gut. Aber da war noch etwas. Amsterdam. Der Name der Stadt löste etwas in mir aus. Ich erinnerte mich an die E-Mail, die ich während meinen ersten Fahrversuchen aus Amsterdam erhalten hatte. Der Truck-Verkäufer. Ein neuer Truck. Die Erfüllung eines Traums.
Ich ignorierte alle anderen Angebote und verzichtete sogar darauf, 18 Tonnen Tomaten durch England zu fahren, auch wenn mich die Vorstellung reizte. Ich plante die Strecke, stieg in den Truck, kontrollierte die Ladung und fuhr los.