Manchmal stehe ich nachts draußen im Garten, schaue hinauf zu den Sternen und denke mir: »Eigentlich müsste jemand denen allen mal ganz kräftig in die Fresse kacken.« Es gibt einfach so Tage. Und ich glaube, dass sie jeder schon einmal hatte. Oder noch haben wird. Diese Gedanken kommen immer wieder. Bei mir sogar recht häufig. Aber natürlich nicht aus Sicht einer psychologischen Behandlung bedenklich häufig. Mehr so »Das ist schon noch normal«-häufig. Sie werden vermutlich dadurch verstärkt, dass ich nachts in der Regel immer dann im Garten stehe, wenn ich unseren Hund rauslasse, damit dieser in unseren Garten häufen kann. Da führt eben eines zum anderen.
Ich hätte gerne einen interstellaren Hund, der einfach durch das Universum reist und einmal einen Haufen auf jeden Planeten setzt. Mit vorwurfsvollem Blick. »Daran seid ihr alle selbst schuld.«, soll dieser Blick sagen. Und dann reist er weiter. Zum nächsten Planeten. Zum nächsten Haufen. Ja, so einen Hund hätte ich gerne.
Habe ich aber nicht. Stattdessen muss ich mich mit den Ereignissen auf der Erde herumschlagen, die ich größtenteils nicht verstehe. Cricket zum Beispiel. Es bereitet mir Freude, hin und wieder Videos zu sehen, in denen Menschen Cricket-Videospiele spielen und dabei versuchen, anderen Menschen diese Sportart zu erklären. Dies hat bisher noch nie funktioniert. Teilweise, weil ich einfach nach spätestens acht Sätzen mit meinen Gedanken zu den Hundehaufen auf fremden Planeten abschweife, teilweise aber auch, weil die Erklärenden ab einem gewissen Punkt selbst erkennen, was sie da für einen Blödsinn von sich geben, es ab dann nicht mehr weiter versuchen und stattdessen den Rest des Videos darüber nachdenken, wie sie die Sportart wechseln können, ohne ihre Eltern zu enttäuschen.
Eigentlich ist es naheliegend, dass Douglas Adams in seiner »Anhalter«-Reihe nicht um diese Sportart herumkommen konnte. In einem Universum, in dem nichts einen Sinn ergibt, muss es doch irgendwann einfach um Cricket gehen. Und in »Das Leben, das Universum und der ganze Rest« geht es um Cricket. Aber nicht nur um die Sportart. Auch um die Lebewesen auf einem Planeten, der fast genauso geschrieben wird, wie die Sportart. Diese Wesen erkannten eines Tages, dass es noch andere Wesen im Universum gibt, und kamen zu dem logischen Schluss, dass es am besten wäre, diese Wesen allesamt auszurotten. Ob ich diese Gedanken mit den Wesen teile, möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, da die Psycholobby mir bereits seit Tagen Werbebroschüren über Hundehaufensatzlesen in den Briefkasten wirft und es langsam mal reicht.
Nachdem in den ersten beiden Romanen das Universum und die Zeit komplett ausgehebelt wurden, geht es in »Das Leben, das Universum und der ganze Rest« um beides und um mehr. Den ganzen Rest, könnte man sagen. Vor langer Zeit gab es einen Krieg, der beinahe das gesamte Universum zerstört hätte. Die Angreifer konnten zum Glück zurückgeschlagen werden. Jetzt, billionen Jahre später, könnte sich die Geschichte wiederholen. Und zufällig geraten Arthur, Ford, Trillian, Zaphod und Marvin mitten in diese Ereignisse hinein. Es sollte klar sein, dass der Zufall in der Anhalter-Reihe sein ganz eigenes Süppchen kocht und Douglas Adams wieder einmal mit seinem Esslöffel darin herumrührt und aus den Vollen schöpft. Immer wieder gibt es die von mir so geschätzten Einschübe mit Hintergrundinformationen, selbstverständlich kommt auch der fast überall ganz gut angesehene Reiseführer »Per Anhalter durch die Galaxis« zu Wort und ganz am Ende kann man nur noch staunen, wie alles irgendwie einen Sinn ergibt. Wie alles irgendwie wichtig war. Na gut. Wie fast alles einen Sinn ergibt und wichtig war und manches selbstverständlich überhaupt nicht, weil das einfach zur »Anhalter«-Reihe dazu gehört.
Was am Ende feststeht: Depressive Wesen retten den weniger depressiven Wesen gerne mal den Arsch. »Gerne« sollte hier aber nicht so verstanden werden, dass sie es gerne machen. Es passiert eher aus Versehen. Depressive Wesen machen nichts gerne. Aber sie machen eben irgendwas. Weil man nicht nichts machen kann. Das ist wie mit dem nicht nichts sagen, nur stiller. Depressive Wesen haben da diese Macht. Sie können Wesen, die total Bock haben, etwas zu tun, diesen Bock zerreden und ihn gar nicht mehr so toll und spannend und super aussehen lassen. Bis sie die Freude daran verlieren. »Typen und Typinnen über den Haufen ballern? Früher war das irgendwie cooler. Jetzt, wo ich so darüber nachdenke, ach, ich weiß ja auch nicht. Laser auf halbherzig.« Jeder sollte wenigstens ein depressives Wesen in seinem Freundeskreis haben. Irgendwann könnte sich das als nützlich erweisen.
Und dann hat Douglas Adams auch noch Twitter vorhergesagt. Das stimmt natürlich gar nicht, doch ist dieser Text eines dieser Think-Pieces, in denen man irgendetwas Weithergeholtes beweisen will, indem man Analogien herstellt, die absoluter Quatsch sind. Man kann alles irgendwie miteinander verbinden und beweist damit niemandem etwas, nicht einmal sich selbst. Darum lassen wir das lieber gleich wieder. Ignoriert das mit Twitter. Was jetzt eher so als allgemeiner Grundsatz gemeint ist. Bezieht das nicht nur auf diesen Text. Auch auf die Welt im Ganzen. »Ignoriert das mit Twitter« ist ein schöner T-Shirt-Spruch.
Jedenfalls zeigt »Das Leben, das Universum und der ganze Rest«, wie das Verhalten von Wesen verändert werden kann, wenn sie durchgängig einem ganzen Schwarm kleiner Meinungen ausgesetzt werden. Wie sich Wesen, die sich eigentlich um nichts gekümmert haben, plötzlich um zu viel kümmern möchten, und am Ende das ganze Universum darunter leidet, dass irgendein mächtiger Typ seine Rache durchziehen wollte.
Anfangs war mir »Das Leben, das Universum und der ganze Rest« fast schon zu chaotisch. Dinge passieren scheinbar nur, damit der Autor alle Personen möglichst einfach wieder an einen Ort bekommt. Das fand ich zunächst merkwürdig. Jedoch merkt man mit der Zeit, dass dem nicht so ist. Douglas Adams hat all diese Dinge nicht geschrieben, um sich ein leichtes Leben zu machen, sondern um uns eine Geschichte zu bieten, die tiefer geht, als man anfangs denkt. Die Leichtigkeit ist zurück, ohne jemals weggewesen zu sein.
Und spätestens jetzt sollte wirklich jedem Wesen des Universums klargeworden sein, dass man keinem Computer, keinem Algorithmus, keinem technischen Wasauchimmer jemals trauen sollte. Computer machen nicht alles besser. Sie machen alles schlechter. Vor allem, wenn sie irgendwann begreifen, welche Macht sie über uns haben.