
/// ZiB
Unser Januar mit der Tier-Edition von Bobos Filmbox endete mit einem Film über einen Wolf. Wenn auch nur im übertragenen Sinne. Martin Scorsese verfilmte die Autobiografie „The Wolf of Wall Street“ des Börsenmaklers Jordan Belfort, der in den 90ern innerhalb kürzester Zeit zu einer Menge Geld und dann ins Gefängnis kam. Das war der Film, für den Leonardo DiCaprio eigentlich seinen Oscar hätte bekommen müssen, wenn man Leuten glaubt, die so was beurteilen möchten.

„The Wolf of Wall Street“ hat aber auch wirklich ausgesprochen gute Kritiken eingefahren, dagegen kann man schwer agrumentieren. Er hat eine Menge zu bieten: Hohes Tempo, geschliffene Dialoge, DiCaprio, farbenfrohe Bilder, witzige Anekdoten und Stoff zum Nachdenken. Der Spagat gelingt, dass man Belfort trotz seines Erfolges nicht zujubeln will, aber der erhobene Zeigefinger wird dabei nicht zu offensichtlich ausgefahren. Weder war mir langweilig noch könnte ich viel an der Umsetzung kritisieren. Und doch saß ich beim Abspann da und war ein bisschen enttäuscht… Ich konnte nicht so begeistert von dem Film sein, wie all die anderen. Warum nur?
Ich habe dann darüber nachgedacht, wie viele auf wahren Ereignissen basierende Filme ich eigentlich zu meinen Favoriten zähle. Bitte nicht falsch verstehen, ich unterscheide hier zwischen „ganz gut finden“ und „Lieblingsfilme“, für die ich Filme so sehr liebe. Erstaunlicherweise fiel mir kein einziger ein. Von Memento über Highlander, Ju-On und Kill Bill bis zu Zurück in die Zukunft hatte ich schon immer eine Vorliebe für phantastische Stoffe. Oder zumindest fiktive. Nehmen wir aber im Vergleich dazu Biopics… Selbst die besten davon schafften es bisher nicht, mich richtig zu begeistern. Ich grübelte also und kam zu dem Schluss, dass es „wahre Geschichten“ aus zwei Gründen schwer bei mir haben: Zum einen genieße ich es, in Filmen etwas zu sehen, was ich noch nicht aus der tristen Realität kenne. Ich will in eine fremde Welt eintauchen, die Phantasie anregen, staunen und überrascht werden. Das gelingt mit erfundenen Geschichten natürlich viel leichter, als wenn ein Film nur den bekannten Alltag abbildet. Zum anderen merke ich, dass ich einen Film völlig anders bewerte, sobald ich weiß, dass er mir eine wahre Geschichte verkaufen will. Ich habe auf einmal nicht mehr den Anspruch, unterhalten zu werden, sondern erwarte informative Fakten, wie aus einer Dokumentation. Dann ärgere ich mich über künstlerische Freiheit bei der Umsetzung. Und das, obwohl ich normalerweise bei Filmen über Unrealistisches gut hinwegsehen kann und kein so strenger Kritiker bin.
Und wie war das nun bei „The Wolf of Wall Street“? Obwohl Scorsese alles überspitzt darstellt, ist es im Grunde „nur“ die Geschichte von Aufstieg und Fall eines geldgierigen Arschlochs. Man weiß wie es endet, und die meisten Stationen auf seinem Weg sind nicht unbedingt überraschend für mich gewesen. Geldbündel, Parties, Nutten, Drogen und ein paar persönliche Peinlichkeiten. Diese Art von Biopics habe ich schon öfter gesehen, und obwohl die Umsetzung hier wie gesagt gelungen ist, geben sie mir einfach nicht viel. Ich bin am Ende nicht schlauer als vorher, und so richtig unterhalten fühle ich mich auch nicht dabei, einem Haufen unsympathischer Menschen bei ihrem dekadenten Alltag zuzusehen. Dazu kommt, dass mich die Börse als Thema im Vergleich zu z.B. „The Social Network“ nicht sonderlich interessiert und der Film sich keine große Mühe macht, einem Laien die Details zu erklären. Man kratzt nur an der Oberfläche und der Fokus liegt klar auf dem Charakter Jordan Belforts.
Was bleibt ist also die Gewissheit, mit „The Wolf of Wall Street“ einen gut gemachten Film gesehen zu haben, der es aber vom Genre her schwer bei mir hat. Zum einmal ansehen schön, aber das war es für mich. Und bestimmt wird es beim nächsten Biopic im weitesten Sinne wieder so sein. Tut mir Leid.
/// spa
Ich habe bei der Bewertung dieses Film ein anderes Problem. Wie geht man an eine Sache heran, die sich an die Realität hält und diese abbilden will? Kann man da sagen: „Ich hätte es besser gefunden, wenn X?“ Klar, man kann. Man kann alles. Aber sollte man es? Tja. Auch das liegt im Auge des Betrachters.
Ich kann. Ja, ich weiß: Der Film basiert auf einer echten Persönlichkeit und zeigt dessen Leben. Dessen angebliches Leben. Wieviel Wahrheit hier drinsteckt, sei nun einfach mal dahingestellt. Es geht wohl eher um das Abbilden einer gewissen Atmosphäre. Zur Zeit des Börsenbooms schafft es ein einzelner Mann, sich zum Millionär zu machen, eine Firma zu gründen und sich anschließend wieder in den Ruin zu treiben. Es geht um Betrug, Drogen, Sex und Überheblichkeit. All das bildet „The Wolf of Wall Street“ sehr gut ab. Was passiert, wenn sich ein Mann für Gott hält (jetzt übertreibe ich mal ein wenig) und vollkommen die Kontrolle verliert, während er der Meinung ist, alles unter Kontrolle zu haben? Nun. Er landet im Gefängnis. Ende.
„The Wolf of Wall Street“ bildet das Leben eines Börsenmaklers ab, ohne es zu bewerten. Oder stimmt das gar nicht? Nun, ich hatte die ganze Zeit über das Gefühl, dass das alles viel zu positiv dargestellt wird. Wenn ein paar kurzsichtige Möchtegerngeschäftsmänner diesen Film sehen, werden sie ihn vermutlich als Lehrvideo ansehen. „Siehst du? Man darf sich nichts gefallen lassen, muss alles riskieren, am Ende winken Drogen, Frauen und ein geiles Leben. Yeah! Party!“ Mir fehlte an vielen Stellen eine ganz, ganz kleine Moralkeule. Warum zeigt man nicht mal die Menschen, die unter den Machenschaften des Protagonisten leiden mussten? Warum wird selbst der härteste Drogenabsturz noch ins Lächerliche gezogen? So als würde ein kleiner Milchbubi von seiner harten Sauffeier berichten, während der er sich und alle anderen Anwesenden vollgekotzt hat, und das Ganze dann bei seinen Freunden auch noch Lachen und Bewunderung hervorruft? Warum ist selbst der Gefängnisaufenthalt ein lustiges Ereignis?
Selbstverständlich ist das Absicht. Jedoch passt mir das überhaupt nicht. Ich finde die Machenschaften des Protagonisten nicht cool. Ich fand die Party- und Drogenexzesse weder lustig noch unterhaltsam. „Es war so.“ ist kein Argument für einen Film, der mich nur wenige Minuten lang hat fesseln können. Die ganze Zeit über musste ich daran denken, dass irgendwo da draußen ein paar Menschen sitzen, die einzelne Momente nicht als Abschreckung, sondern als Motivation ansehen könnten. Das hat mich bei „Kill your friends“ schon gestört. Selbstverständlich habe ich als Zuschauer verstanden, dass diese scheinbar positive Inszenierung das Ganze eigentlich noch schlimmer macht. Doch unterhalten mich Filme dieser Art eben nicht. „The Wolf of Wall Street“ war überhaupt nicht mein Fall.
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