2009

Oh je!

Das Jahr 2009 ist beendet und schreit nach einem Rückblick. Doch weigere ich mich auf sein lautes Gebrüll einzugehen und eine plumpe Auflistung positiver, neutraler und negativer Aspekte anzufertigen, da ich es für unmöglich halte, mich an alles zu erinnern, was mich in irgendeiner Form berührt und / oder beeinflusst hat, es auf der anderen Seite aber auch den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde, jede prägende Kleinigkeit aufzulisten.

Und somit hatte ich den Gedanken an einen Jahresrückblick eigentlich verworfen. Bis er aufgrund einer vor Kurzem erworbenen CD wie ein Bumerang wieder zu mir zurückkam. Die CD stammt von “Samy Deluxe” und trägt den Titel “Der letzte Tanz”. Über Samy Deluxe und den Einfluss seiner Texte und Lebenseinstellung auf mein eigenes Leben könnte ich problemlos ganze Buchseiten füllen (er verfolgt mich immerhin schon über 10 Jahre lang!), darum soll es hier aber gar nicht gehen. Ich beziehe mich auf ein einziges Lied dieser CD und zwar “Hin und her”.

“Hin und Her” hat es mir angetan, da dessen Inhalt mein eigenes letztes Jahr auf unglaubliche Weise zusammenfasst und mich nachdenklich stimmt, gleichzeitig aber auch motiviert. Natürlich passt nicht alles eins-zu-eins, dennoch habe ich mich selten so angesprochen gefühlt, wie hier. Und vielleicht sollte ich einfach mal ein paar Textstellen zitieren und erklären, was genau ich meine.

Denn die da oben wissen, diese Lieder sind so bewusstseinserweiternd
Man programmiert uns, bis man denkt, man muss einfach scheitern
Und ich beweis´ das Gegenteil, glaub ich begreif das Leben weil
Ich weiß ich mach trotz dem ganzen Frust einfach weiter

Das letzte Jahr war wirklich sehr frustrierend für mich. Zumindest auf “Erfolg = Geld”-Basis. Ich bin ein Risiko eingegangen als ich mich darauf konzentrieren wollte, vom Schreiben leben zu können. Das war schon immer mein Traum und warum soll man seine Träume nicht leben? Natürlich war klar, dass das ein harter Weg werden würde und natürlich bin ich mir im Klaren darüber, dass ein veröffentlichtes Buch den eigenen Lebensunterhalt noch längst nicht sichern kann. Ich möchte das an dieser Stelle aber auch gar nicht weiter ausweiten. Ich bin mir darüber im Klaren.

Leider bekomme ich nicht von überall die Unterstützung, die ich mir gewünscht hätte. Nicht jeder erkennt, dass auch Schreiben eine “Arbeit” sein kann, wenn man versucht, es auf anspruchsvoller Ebene zu betreiben. Als ich mein erstes Buch fertiggestellt hatte, ging dafür viel Zeit drauf. Leider interessierte sich bis heute kein Verlag dafür. Ob es an der Qualität liegt? Das kann sein. Ich selbst finde es jedoch sehr, sehr gut und bin stolz darauf. Und vor allem lasse ich mich von diesem Rückschlag nicht abschrecken und sitze bereits an Buch Nummer zwei.

Jedoch haben manche Leute den Rückschlag mit dem ersten Buch nun als Anlass genommen, mich wieder auf den “richtigen”, also “normal arbeitenden” Weg zu bringen und lassen mich das immer wieder spüren. Zum Beispiel mit Fragen wie “Möchtest du jetzt nicht langsam wieder etwas richtiges machen?”. Mein eingeschlagener Weg ist so schon schwer genug, vor allem das letzte Jahr war voller herber Rückschläge auf beruflicher sowie gesundheitlicher Ebene und Kommentare wie diese helfen mir da ganz bestimmt nicht weiter. Mich gegen solche Aussagen zu wehren fiel mir anfangs sehr schwer. Mittlerweile weiß ich aber, dass nur ich die Richtung meines Weges bestimme und keinen von Fremden aufgestellten Wegweisern folgen muss.

Egal was kommt, ich halt´s positiv wie´n Schlagersong
Manchmal kommt´s mir vor so wie´n endloser Marathon
Durch Babylon, und ich lauf wie auf Energizer-Batterien
In Richtung Paradies, aber es ist nicht leicht voran zu komm´n

Die Richtung nach vorne ist wirklich schwer. Und im letzten Jahr tat ich mich schwer. Die fehlende Unterstützung sorgte dafür, dass ich kurz davor war das Handtuch zu werfen. Ich wollte mich den Lebensvorstellungen anderer Menschen hingeben, damit sie mich wieder in Ruhe ließen. Ich wollte mich dem Schreiben komplett abwenden und wieder ein in den Augen anderer “normales Leben” führen. Zum Glück realisierte ich aber irgendwann, dass das der falsche Weg war. Ich fand mich einfach damit ab, dass ich manche Leute vielleicht enttäuschen würde. Ich legte einen neuen Satz Batterien ein und machte mich wieder auf meinen eigenen Weg.

Nun war ich aber im letzten Jahr alles andere als produktiv. Mir fehlte ein wenig die Motivation. Eigentlich wollte ich mein zweites Buch längst fertig haben, aufgrund oben beschriebener Umstände, eigener Faulheit (die wohl größte Dummheit, die ich dieses Jahr begangen hatte) und anderen Gründen sollte es aber einfach nicht sein. Dieser Umstand machte alles nur noch schlimmer, da man Kritikern nun noch weniger vorzeigen konnte. Dennoch muss ich sagen, dass ich im Bezug auf das Schreiben viel, viel besser geworden bin, als ich es im Vorjahr war. Zwar blieb die Quantität ein wenig auf der Strecke, qualitativ habe ich dafür aber einen großen Schritt vorwärts gemacht. Das zeigt sich an den momentanen Entwürfen meines zweiten Buches (die ich hier selbstverständlich nicht zeigen kann), den Korrekturen an meinem ersten Buch aber auch an einigen kleineren Texten, die ich zwischendurch hier veröffentlicht habe. Natürlich ist nicht alles hochwertig, dennoch ist es besser als sonst und vor allem habe ich mir mehr Zeit dafür gelassen und erst einmal Ideen für Strukturen und Inhalte gesammelt, bevor ich mich an den eigentlichen Text gesetzt habe. Das habe ich vorher nie gemacht.

Und is´ doch klar, dass ich jetzt anders kling´, weil ich anders bin,
Weil ich jetzt selber produzier´, weil ich jetzt manchmal sing´
Doch schreibe meine Reime, rappe besser denn je
Weil ich jetzt keine Scheiße mehr in meinen Texten erzähl´
Euch hat die Message gefehlt? Hier kommt mehr Message denn je
So viel, dass ich am Ende selbst nich´ ma´ die Message versteh´

Dass ich mich verändert habe, zeigt schon alleine dieser Text hier, stellt er doch die persönlichste Wortsammlung dar, die ich jemals öffentlich präsentiert habe. Und es mag sein, dass es einigen ein wenig zu tragisch, zu melancholisch oder zu übertrieben klingt, mir ist es jedoch wichtig, meine Gedanken auch mal in dieser Form zum Ausdruck zu bringen. Ich schreibe zwar lieber lustige Texte, jedoch möchte ich nicht nur darauf reduziert werden.

Und nein ich will nicht wie ´n Preacher on Earth kling´n
Und will hier auch nicht “We Are The World” sing´n
Ich weiss nur, dass entweder ich psychisch gestört bin
Oder alle anderen psychisch gestört sind, ganz ehrlich

Zum Schluss dieses kleinen Jahresrückblicks möchte ich noch den “Refrain” des Tracks zitieren und unkommentiert stehen lassen:

Das ganze Auf und Ab, das ganze Vor und Zurück, das ganze Hin und Her
Es scheint ich bin allein, nein ich find hier kein´, der mir den Sinn erklärt
Und dennoch bin ich so dankbar dafür, dass ich die Hoffnung nie verlier´
Denn es gab so viele Gründe um daran zu zweifeln, und trotzdem bin ich hier.

Ich möchte mich an dieser Stelle bei Samy Deluxe bedanken. Er selbst hat eine unglaubliche Entwicklung hinter sich und mit “Hin und Her” etwas geschaffen, mit dem ich mich identifizieren kann. Das Jahr 2009 war ein schweres, dadurch aber auch gutes und wichtiges Jahr. Ich habe mich weiterentwickelt und freue mich auf 2010. Ich weiß, dass ich mich mehr anstrengen muss als 2009. Aber nie war ich motivierter, dies auch umzusetzen.

Ich hab noch Zeit bis ich sterb´, was ich bis da mach´: Ich greif nach den Stern´

Oh ja!

Wie bitte? Das war der Jahresrückblick? Eine Ansammlung trauriger Textzeilen? Ich weiß nicht was meine emotionale Gehirnhälfte geritten hat, sowas als Jahresrückblick zu produzieren, aber so kann ich das definitiv nicht stehen lassen. Ich möchte hier auf keinen Fall schlecht über Samy Deluxe reden. Seine Texte sind für diese Thematik definitiv angebracht. Jedoch gibt es dafür einen viel, viel treffenderen Track, als “Hin und Her”. Und vor allem sollte man sein eigenes Leben nicht NUR durch die berufliche Brille sehen.

Samy? Bist du da? Ich habe einen Wunsch. Dieser lautet “Der Beste”.

Jeder, der meiner Frau beim Stillen meines Babys auf den Busen starrt,
steht schon mit mehr als nur einem Fuß im Grab. Guten Tag,

Zunächst möchte ich panisches Gekreische und gestreute Gerüchte sofort entkräften: Nein, meine Frau ist nicht schwanger und wir haben kein Kind. Es geht mir hier um etwas anderes. Und zwar um die Bezeichnung “Frau”. Denn eine solche besitze ich jetzt (also eine Frau, keine Bezeichnung)! Zwar war sie als Person (gefühlt) schon immer bei mir, als “Frau” darf ich sie aber offiziell erst seit August 2009 bezeichnen. Zu diesem Zeitpunkt haben wir nämlich geheiratet. Und dieses Ereignis allein sollte alle negativen Gedanken in den Schatten stellen.

Der Entschluss zur Heirat stand eigentlich schon seit vielen Jahren fest, nur an der Umsetzung haperte es bisher immer. Manche geben mir dafür die Schuld. Das sehe ich aber anders. Außerdem habe ich mich ja letztendlich dann doch getraut zu fragen. Und obwohl man sich sicher ist, wie die Antwort ausfallen wird, war die Bestätigung der Vermutung dann doch ein wundervolles Gefühl.

Die Hochzeit verlief wie geplant, war wundervoll und zurück blieb ein Tag, den ich wohl nie wieder vergessen werde (was bei meiner Gehirnstruktur wirklich etwas heißen mag). Leider stehe ich nun immer wieder einem Problem gegenüber. Und zwar der Frage nach Nachwuchs. Neben “Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.” steht nun auch der Spruch “Erst die Hochzeit, dann das Gebären.” auf den vorderen Plätzen meiner Liste schlimmer Weisheiten. Und um mich mal wieder auf die zitierte Textstelle zu beziehen: Mit einem Fuß im Grab steht jeder, der mich im Jahr 2010 nach Nachwuchs fragt. Ich kann es nämlich nicht mehr hören.

mein Name ist Samy Deluxe. Nein, nicht der bekannte MC.
Mein Name ist Samy Deluxe, das verkannte Genie.
Denn so gut, wie ich jetzt schon bin, werden die anderen nie
und ich steiger mich noch weiter, was scheinbar keiner hier sieht.

Auch, wenn es der Topf voller Trauerklöße über mir bereits gesagt hat: Ich bin gut. Verdammt gut. Meine Texte stellen ein Höchstmaß an Unterhaltung dar. Und was ich 2009 nicht alles produziert habe! Ich schrieb über fastende Kuhherden, Wrestling, verglich Lüdenscheid und Frankfurt miteinander und jagte Ideen hinterher. Währenddessen sammelte ich Ideen für zwei weitere Bücher und änderte immer wieder Kleinigkeiten am eigentlich fertiggestellten ersten Werk, um dieses immer weiter zu perfektionieren (was schwer genug ist). Nach einem solchen Jahr würden sich viele Schriftsteller bereits zur Ruhe setzen und sich auf ihren Buchstabenlorbeeren ausruhen. Ich dagegen mache weiter.

Leider bemerkt nicht jeder meine Bemühungen und weiß diese zu schätzen. Ein wenig mehr positive Rückmeldung fänd ich für meinen weiteren Lebensweg zwar gut aber man kann es sich ja nicht aussuchen.

ich weiß, mein Style ist dreist, doch auch da scheiß ich drauf,
und dass viele denken, ich sei zu arrogant, das weiß ich auch.

Jetzt mal ehrlich: Wie oft habe ich mir per Mail oder Kommentar auf dieser Seite im Jahr 2009 anhören müssen, dass ich arrogant und eingebildet sei? Natürlich sind meine Texte häufig einseitig und besserwisserisch formuliert. Aber habt ihr schon einmal daran gedacht, dass dies mit Absicht geschieht? Mein Text über fastende Kuhherden zum Beispiel rief doch tatsächlich einen gläubigen Menschen auf den Plan, der meine Meinung widerlegen wollte.

Ihr könnt mir nix Neues sagen, könnt mich nix Neues fragen,
trotzdem hör ich allen zu und frag mich, was die Leute haben,
denn allesamt fragen mich alltäglich, allabendlich:
Reichen meine Vokabeln nicht, dass ich so eine Sprache sprech?
Doch sie hören nicht zu, sie verschwören sich nur
gegen ein´ und mein´, sie seien auf ´nem höheren Niveau.
Ich sag: Nein. Denn ich weiß, sie sind weit hinter mir,
haben den Scheiß nicht kapiert, wenn sie gereizt reagieren.
Ich will doch nur die Meinungsfreiheit am Mic etablieren.

Wenn ich 2009 eines gelernt habe, dann, dass manche Internetbenutzer lediglich die eigene Meinung akzeptieren und gegensätzliche nicht einmal tolerieren können. Und dies beziehe ich nicht nur auf diese Seite. Schon einmal Internetseiten über Computerspiele besucht? Internetforen zu allgemeineren? Es ist schlimm. SEHR schlimm. Offensichtlich wünschen sich viele Leute eine vorgeschriebene Einheitsmeinung. Und die Abschaffung von Diskussionen.

Oh, Moment. Sollte das hier nicht ein persönlicher Jahresrückblick werden und keine weitere besserwisserische Kritikschrift? Es ist wirklich schwer beim Thema zu bleiben, wenn man scheinbar der einzige auf diesem Planeten ist, der Fehler in der Gesellschaft erkennt und sich traut diese anzusprechen. Oh. Das war jetzt aber auch wieder sehr arrogant. Jetzt aber schnell wieder die Kurve Richtung Jahresrückblick kratzen.

Ich möchte mich noch einmal an die zuvor angejammerten Leute richten, die an meinem eingeschlagenen Weg zweifeln:

Und so geht es dann weiter, bis es jeder der Leute weiß,
dass ich meine Meinung hab und deshalb auf eure scheiß.

Ich glaube, ich werde diese Aussage auch einmal unkommentiert stehen lassen.

Zum Abschluss möchte ich mich nun ebenfalls bedanken. Selbstverständlich bei Samy Deluxe. Du bist immer noch “der Beste hier”. Aber gleichzeitig bedanke ich mich auch bei meiner Frau. Dafür, dass sie immer hinter mir steht. Mich motiviert, mich aufbaut, mich unterstützt und mir das Gefühl gibt immer jemanden zu haben, der sich meine Probleme anhört und mir zeigt, dass ich im letzten Jahr eigentlich immer auf dem richtigen Weg war. Und danke, dass du mich darauf hingewiesen hast, dass die erste Hälfte dieses Textes für sich alleine viel zu negativ und traurig klingt. Denn eigentlich war das Jahr 2009 gar nicht so schlecht. Im Nachhinein betrachtet sind seine Auswirkungen sogar gut. Und somit danke ich dir für das Wichtigste überhaupt: Du traust dich, mich zu kritisieren. Ich kann dich um deine Meinung bitten und weiß, dass etwas Ehrliches dabei herauskommt. Und DAS nenne ich doch mal ein Lob.

Und zuletzt werfe ich noch einen kurzen Dank zu allen, die ich meine Freunde nenne und die mir das Jahr 2009 versüßt haben. Der Dank hat natürlich die Struktur eines Watteklumpens und tut beim Aufprall gut und nicht weh. Danke.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert